Neues Forum

"... dann tapezieren wir unseren Alex"

Demonstration am 4. November 1989 in Berlin
Die Demonstration am 4. November 1989 in Berlin (hier vor der Volkskammer) war einer der Meilensteine beim Untergang des SED-Regimes. © dpa / picture alliance / Thomas Lehmann
Von Thilo Schmidt · 09.09.2014
Sie zeigten vor 25 Jahren, dass es auch viele Leute gab, die die DDR nicht verlassen, sondern verändern wollten. Die Gründer des Neuen Forums dachten eher an Renovierung als Revolution.
Rufe, Geschrei: "Hey, was soll das denn? Lass los!"
Sprechchor: "Stasi raus! Stasi raus! Stasi raus!"
Leipzig, 4. September 1989. Der Schritt auf die Straße ist getan, aus den Friedensgebeten entwickeln sich Montagsdemonstrationen. Noch greift der Staat ein, verhaftet Dutzende.
Fünf Tage später gründete sich in Grünheide bei Berlin das "Neue Forum", eines der wichtigsten oppositionellen Bündnisse. Gleichzeitig verlassen Hunderttausende das Land.
Uwe Schwabe und Jochen Läßig, Mitbegründer des Neuen Forums in Leipzig:
Schwabe: "Und uns war klar, jetzt müssen wir ein Zeichen setzen, dass über die Medien nicht nur rüberkommt: Das sind ja nur Leute, die das Land verlassen wollen, sondern dass auch ganz viele Leute in diesem Land leben, die dort was verändern wollen."
Läßig: "Die intellektuelle Bürgerbewegung ist ja mehr intellektuell eingestellt, hat vielleicht damals noch sozialistische Ideale oder sowas gehabt ..."
Das Land verändern, einen menschlichen Sozialismus schaffen – und nicht den Anschluss an den Westen, darum ging es. Eindrucksvoll bekundet auf der größten Massendemonstration, die je auf deutschem Boden stattgefunden hat. Am 4. November 89, Berlin, Alexanderplatz.
Auf der Rednerliste auch: Jens Reich, Mitbegründer des "Neuen Forums".
"Wir kennen alle die alte Spruchweisheit: Tapeziert der Nachbar sein Haus, dann tapezieren wir noch lange nicht. Dagegen setzen wir: Renoviert der Nachbar seinen Roten Platz, dann tapezieren wir unseren Alex. Und außerdem: Tapeziert der Nachbar den Kreml, dann gründen wir ein Neues Forum."
Fünf Tage später fällt die Mauer. Und für manchen damit die Hoffnung, das Land von innen zu verändern.
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