Neues Album des Kanadiers Andy Shauf

Party ohne Happy End

Partygäste
Auf dem Album "The Party" von Andy Shauf gibt es wenig zu lachen. © picture alliance/dpa/Foto: Arno Burgi
Von Christa Herdering · 23.05.2016
Nicht jede Party ist ein rauschendes Fest. Das muss sich auch der kanadische Songwriter Andy Shauf gedacht haben, als er auf die Idee zu seinem neuen Folkpop-Album "The Party" gekommen ist - das mit guter Laune eher wenig zu tun hat.
"Auf der Platte gibt es z.B. einen Song namens Alexander. Da geht es um einen Typen, der gerade seine letzte Schachtel Zigaretten gekauft hat, weil er mit dem Rauchen aufhören will. Kurz darauf stirbt er."
Während Andy Shauf diesen Song beschreibt, huscht ihm ein Lächeln übers Gesicht. Der kanadische Musiker mag absurde Geschichten und anscheinend auch schwarzen Humor. Alexander, der junge Mann von dem er gerade erzählt hat, ist ein Charakter auf seiner neuen Platte "The Party". Doch wer auf Grund des Titels ein ausgelassenes Album mit zahlreichen Anekdoten und Easy-listening Flair vermutet, liegt hier völlig falsch. Missverständnisse und Unsicherheiten prägen das Bild. Gefühle und Situationen, die jeder Partybesucher zwar kennt, aber immer so gut wie möglich zu verbergen versucht.
Die Aufnahmen für dieses Album begannen in Deutschland, in der Nähe von Dresden. Anfang 2014 bekam Andy Shauf im Schloss Röhrsdorf im Rahmen eines Austauschprogramms ein Aufnahmestudio gestellt.
"Die Aufnahmen dort liefen leider nicht so gut. Ich hatte einige befreundete Musiker dabei, wir wollten eine richtige Band-Platte aufnehmen, aber das hat einfach nicht geklappt. Was hauptsächlich an mir lag, weil ich die ganze Zeit meine Vorstellungen durchsetzen wollte. Anstatt zusammen zu arbeiten."

Ungezwungener Folkpop

Andy Shauf schrieb letztendlich doch alle Songs selbst im heimischen Kanada, lediglich die Streicherarrangements übernahm ein befreundeter Kollege. Doch von spartanischem Schlafzimmer-Folk ist dieses Album weit entfernt. Gitarre, Piano, Klarinette, Streicher oder Orgel-Klänge – sie alle bilden das reiche musikalische Fundament für Andy Shaufs eleganten und ungezwungenen Folkpop. Zunächst erscheint der zwar etwas unscheinbar, entwickelt aber besonders in Verbindung mit den Texten sein volles Potential.
Den besten Song hat er dabei direkt an den Anfang gesetzt. "The Magician" thematisiert die Unsicherheiten der Mittzwanziger-Generation, die Ungewissheit, welche Entscheidung als nächstes getroffen werden soll und wohin sie einen führt.
"Magician war einer der ersten Songs, die ich für das neue Album geschrieben habe. Es geht darum, sich einfach unsicher zu sein in Bezug auf die Zukunft, nicht zu wissen, was als nächstes kommt. Dies passte irgendwie gut für mich zu dem Bild eines Zauberers."
Das Schicksal als magischen Zauber akzeptieren, diese lässige Haltung erreicht kaum einer der Charaktere auf "The Party". Vielmehr ist Ihre Anspannung spürbar, ihr manchmal lustiger oder absurder Versuch, den Schein zu wahren oder für Stimmung zu sorgen. Warum fühlt man sich gerade auf einer Party oft so beobachtet?
"Die Charaktere auf dem Album fühlen sich beobachtet, aber sie bilden sich das tatsächlich nur ein. Wie meistens im Leben – man denkt die Leute schauen einen an, aber normalerweise interessiert es eh keinen, was man macht."

Kein gutes Partyende

Andy Shauf hingegen beobachtet seine Figuren sehr genau. Da sind die beiden Protagonisten Jeremy und Cherry, die mit vielen Missverständnissen kämpfen, obwohl sie doch mehr als nur Sympathien füreinander haben. Und der eigentlich gute Kumpel, der ein Auge auf die Ex-Freundin des besten Freundes geworfen hat und sich als Lästermaul entpuppt. Oder der bereits erwähnte Alexander, für den die Party kein gutes Ende nimmt.
Nicht zuletzt ist "The Party" auch ein Album über die Provinz geworden. In dem Versuch, der alltäglichen Langeweile zu entfliehen, mit erzwungener Gesellschaft, Drogen und bemühtem Frohsinn, liegt eine nicht zu unterschätzende Spannung.
"Wenn man in so einer kleinen Stadt lebt wie ich, überschneiden sich nun mal viele Dinge. Zwischen den Leuten, Cliquen und Beziehungen. Das kann schon mal knifflig werden, man verletzt dabei die Gefühle anderer."
Andy Shauf ist in so einer Provinz aufgewachsen. Saskatchawan heißt die Region in der Mitte Kanadas, die zwar flächenmäßig so groß ist wie Frankreich, aber nur etwas mehr als eine Million Einwohner zählt. "The Party" ist das bereits dritte Album des Mitte-Zwanzigjährigen. Sein gefühlvoller und gleichzeitig lakonischer Gesang brachte ihm schon Vergleiche mit Elliott Smith oder Randy Newman ein. Musiker, die er selbst hoch schätzt. Aktuell ist er dabei, sich in der Großstadt Toronto niederzulassen. Und beweist mit diesem dritten Album großes Talent für tiefgreifende Lyrik und abwechslungsreiche, einnehmende Folk-Melodien.