Neues Album der „Klezmeyers“

Klezmerhaft, melodiös und ein bisschen melancholisch

Ungewöhnliche Teilansicht einer Klarinette
Gitarre, Bass und die klezmertypische Klarinette – das sind die drei Instrumente der „Klezmeyers“ © imago stock&people
Von Kerstin Poppendieck |
„Emilias Lächeln“ heißt das neue Album der „Klezmeyers“. Es ist bereits ihr viertes gemeinsames Album und die Tochter des Gitarristen spielte im Entstehungsprozess eine besondere Rolle.
Eine Souterrain-Wohnung in Berlin Kreuzberg. Hier treffen sich Franziska Orso, David Hagen und Robert Keßler zur Bandprobe. In ein paar Tagen beginnt ihre Deutschlandtour. Jetzt geht es darum, sich auf einen Konzertablauf zu einigen.
Es wird diskutiert, Vorschläge werden verworfen, neue eingebracht. Franziska Orso faltet aus einem Zigarettenpapier einen Mundschutz für ihre Klarinette. Das Papier saugt den Speichel auf, der beim Spielen in ihre Klarinette fließt. Sie war es, die vor fast 20 Jahren die „Klezmeyers“ gegründet hat.
Franziska: „Also ich hab früher mit 14/ 15 viele Klezmer-Konzerte besucht. In Berlin boomte ja damals Klezmer und meine Eltern haben mich immer mitgenommen zu den Konzerten und mir hat die Musik unheimlich gut gefallen. Gerade dieses Melancholisch-Virtuos-Fröhliche gleichzeitig, das fand ich einfach toll. Und da hab‘ ich einfach ganz viel selber gespielt und das hat mich nicht mehr losgelassen. Einfach aus Leidenschaft spiel‘ ich Klezmer.“
Musikalische Mischung macht besonderen Klang aus
Robert: „Also ich empfinde mich nicht als Klezmer-Musiker, weil ich eben auch keine Wurzeln da hab. Aber ich liebe diese Musik sehr. Würden wir alle Klezmer-Musiker sein wie Franziska, würden wir wahrscheinlich reinen Klezmer machen, das würde auch toll sicherlich sein, aber nicht mehr so etwas Besonders, wie wir hoffen zu erschaffen. Ich könnte niemals so Klassik- oder Flamenco-Klezmer spielen wie Franziska und andersrum ist sie jetzt auch keine Jazzerin. Und das ist aber genau das Interessante, find ich.“
Robert Keßler spielt Gitarre im Trio. Er hat Jazz-Gitarre studiert, spielte bereits in verschiedenen anderen Bands von Jazz über Tango bis Bossanova. Auch David Hagen, der Kontrabass bei den Klezmeyers spielt, ist studierter Jazzmusiker. Diese musikalische Mischung macht den besonderen Klang der Band aus. Klezmer ist ihre Basis. Dazu mischen sie die unterschiedlichsten Volksmusiken der Welt und benutzen dann diese musikalischen Farben und Klänge, um miteinander zu improvisieren. Klezmer trifft Jazz, Flamenco und Tango – alles instrumental.
David: „Wir mögen Instrumentalmusik einfach, also es fehlt kein Gesang. Und dann braucht man ja auch Texte und Texte überflügeln oft die Musik, dann merkt man gar nicht mehr die Instrumente und die Stücke und die Komposition. Also es gibt viele Gründe für Instrumentalmusik.“
Franziska: „Wir haben neulich mal im Trio darüber gesprochen, dass wenn wir Musik hören, gar nicht auf Texte achten, dass es uns nur um die Musik geht. Und ich glaub, das ist auch der Grund, dadurch, dass wir alle ein Instrument spielen, legen wir auf Texte gar nicht so Wert. Wir nehmen die Musik wahr und da ist Gesang nicht so wichtig.“
Bis auf zwei Stücke sind alle Titel auf dem Album Eigenkompositionen. Meistens sind es nur Fragmente oder erste Ideen, die die drei Musiker mitbringen, um dann davon ausgehend Stücke gemeinsam zu entwickeln. Jeder der Musiker hat beim Komponieren natürlich seine eigene Handschrift. Die Stücke von David Hagen sind tendenziell melancholisch und getragen, bei Robert Keßler ist die Musik eher harmonisch und lebendig und die Kompositionen von Franziska Orso sind klezmerhaft und melodiös. Das Titelstück des Albums „Emilias Lächeln“ hat der Gitarrist Robert Keßler geschrieben. Emilia ist seine dreijährige Tochter. Auch zu den Stücken „Querida“ und „Mach die Äuglein wieder auf“ hat sie ihn inspiriert.
Angst inspirierte ein Stück des Albums
„Emilia ist ja meine große Tochter und Querida ist der Zweitname von ihr. Das heißt auf Spanisch die die geliebt wird oder die Geliebte. Und die ist ja auch wirklich total süß und deshalb muss sie auch sowas Tolles bekommen. Und ‚Mach die Äuglein wieder auf‘ ist aus einer Angst heraus entstanden.
Wenn man zum ersten Mal Vater wird, und dieses kleine, süße Baby sieht, fühlt man sich sehr angreifbar zum ersten Mal, also ich zum ersten Mal in meinem Leben. Diese Angst vor dem plötzlichen Kindstod und dass das Kind mal nicht mehr aufwacht. Und da ist man ja plötzlich total empfindlich und auch total angreifbar. Und deshalb die Bitte, mach auch stets wieder die Äuglein auf. Das ist die Geschichte dahinter.“
Da die Musik der Klezmeyers völlig ohne Gesang auskommt, ist die Fantasie des Zuhörers gefragt. Die Namen der Stücke wie „Tanzbär“, „Die Geschichte von Carlos und Marie“ oder „Heul doch“ geben vielleicht schon eine Richtung vor, wie man die einzelnen Stücke verstehen könnte. Welche Bilder man dann letztendlich dabei im Kopf hat, das liegt allein im Ohr des Hörers. Mal möchte man fröhlich ausgelassen tanzen, mal lieber still und verträumt die Musik auf sich wirken lassen. Man hört die Leidenschaft der drei Musiker und ihre Begeisterung für ihre ganz eigene Klezmer Musik.