Neuer Buchgigant DBH

Von Jörg Plath |
Der hart umkämpfte deutsche Buchhandelsmarkt bekommt eine neue Nummer eins: Der Buchhändler Hugendubel und die Verlagsgruppe Weltbild gründen einen Handelsverbund. Die neue Gruppe will sich zudem an den Buchhändlern Buch Habel und Weiland beteiligen. Das lässt die Lage für die kleinere und mittlere Buchhandlungen ziemlich hoffnungslos aussehen.
Bisher starrte der mittelständische Buchhandel auf die Handelskette Thalia wie das Kaninchen auf die Schlange. Der Branchenführer überzieht nämlich die Bundesrepublik, Österreich und die Schweiz in atemberaubender Geschwindigkeit mit Großfilialen. Seit heute gibt es zwei Schlangen, und diese zweite ist noch größer als die erste: Die Augsburger Gruppe Weltbild und der Münchener Filialist Hugendubel vereinigen ihre Läden in der Finanzholding DBH Buch Handels GmbH & Co. KG, und diese beteiligt sich an zwei weiteren Filialisten, den Unternehmen Weiland und Buch Habel. Der Branchenzweite und der Branchendritte tun sich also zusammen und holen sich zudem den Branchenelften und den -dreizehnten ins Boot. Das neue Unternehmen setzt insgesamt 672 Millionen Euro in 451 Buchhandlungen um und hat 3.400 Beschäftigte. Bei Thalia sind es gut 200 Millionen Euro Umsatz weniger. Ein Erdbeben.

Für Nina Hugendubel, die mit ihrem Bruder Maximilian den Familienbetrieb in die DBH überführt, lag die Entscheidung für Weltbild wegen der guten Zusammenarbeit beim gemeinsamen Unternehmen Weltbild plus! nahe.

„Wir müssen uns irgendwie für die Zukunft so aufstellen, dass wir da einerseits mehr Know-how zusammenführen und auf der anderen Seite auch die finanziellen Mittel haben, da einfach eine Rolle zu spielen in dem Markt. Und da haben wir gesagt, als Familienunternehmen können wir nicht alles so finanzieren, wie wir das gerne möchten. Und da haben wir gesagt, wir brauchen einen Partner, und das war dann Weltbild.“

Eine Attacke auf Thalia? Das weist Nina Hugendubel von sich:

„Es ist nicht so, dass wir irgendeine Initiative gegen Thalia in Angriff nehmen, sondern wir überlegen, was für uns das Beste ist. Und das tun wir dann.“

Als zweite Schlange sieht sich die DBH Buch Handelsgesellschaft natürlich nicht. Und tatsächlich handelt es sich bei ihr nicht um das Ergebnis aggressiver Aufkäufe, sondern um einen freiwilligen Zusammenschluss unter Gleichen. Nina Hugendubel betont die Gleichberechtigung mit Weltbild und die Vielfalt innerhalb der Holding:

„Das ist ne echte Partnerschaft, eine vertrauensvolle Partnerschaft, so dass es auch kein Problem ist, dass es zu gleichen Teilen beiden Gesellschaftern gehört, also nicht einer irgendwie nicht die Mehrheit besitzt, sondern beide 50 Prozent halten, das funktioniert wunderbar. … Und wenn man in die einzelnen Firmen geht, ist es so, dass es jeweils Geschäftsführungen gibt, die werden weiter bestehen, die die Geschicke der Marken lenken. Der Beirat … wird das ein bisschen mitsteuern, aber eigentlich sind die einzelnen Firmen und Marken souverän. … Das macht auch den Unterschied zu allen anderen Konzepten, die auf dem Markt sind, aus.“

Souveränität also im operativen Geschäft, Kooperation im Hintergrund: Die DBH soll für alle Unternehmen die kostspielige EDV und das Warenwirtschaftssystem perfektionieren sowie bei der Standortsuche in den teuren Innenstadtlagen helfen. Als Modell könnten dezentral agierende Gruppen wie Holtzbrinck mit den Verlagen Rowohlt, Fischer, Kiepenheuer & Witsch gedient haben. Auch Konkurrenz untereinander soll es weiter geben.

Das Kartellamt muss dem neuen Unternehmen sein Plazet erteilen: Zwar liegt der Marktanteil der DBH bei weniger als 10 Prozent. Doch für einige Städte könnten sich monopolähnliche Zustände ergeben, wie sie bisher bei Tageszeitungen oder Drogerien bekannt sind. Und dass ausgerechnet vier Große der Branche meinen, sie könnten den Herausforderungen der Zukunft nur mit vereinter Kraft begegnen, lässt die Lage für die kleinere und mittlere Buchhandlungen ziemlich hoffnungslos aussehen. Auch in den Verlagen dürften die Alarmglocken schrillen. Selbst wenn es sich bei DBH um keine zweite Schlange handeln sollte – ein gewaltiges Kaninchen kann auch verheerende Auswirkungen haben.