Neue Zentren - alte Probleme

Die internationale Schriftstellervereinigung P.E.N., die sich für die Rechte verfolgter Autoren einsetzt, feiert dieser Tage ihr 90-jähriges Bestehen. Doch wie Johano Strasser sagt, ist die Arbeit des Verbandes seit dem Ende des Ost-West-Konflikts wider Erwarten nicht einfacher geworden.
Die Geschichte des P.E.N. reicht zurück bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts und ist nicht nur den Zahlen nach eine durchaus erfolgreiche Geschichte. Laut Verbandsngaben gibt es mittlerweile 145 P.E.N.-Zentren in 104 Ländern, die sich bei allen Unterschieden in ihrer Grundauffassung einig sind: Dass die Literatur unentbehrlich und grundlegend für das Verständnis zwischen verschiedenen Kulturen und Gesellschaften ist. Präsident des deutschen P.E.N.-Zentrums ist Johano Strasser:

"NGO's, Non-Government-Organisations, spielen ja heute eine große Rolle, in der Weltpolitik und auf allen Ebenen, und der P.E.N. ist in der Tat die älteste NGO, und sie hat im Großen und Ganzen eigentliche eine gute Figur gemacht."

Allerdings, so Strasser, hat sich die Lage seit 1989 nicht unbedingt verbessert. Die Hoffnung, dass sich die Lage verfolgter Autoren mit dem Ende des Ost-West-Konflikts zum Guten wenden würde, sei in vielen Fällen enttäuscht worden:

"Wir stehen heute vor dem Problem, dass in vielen Ländern nicht die alte Staatsunterdrückung das Problem ist, sondern dass sozusagen die Unterdrückung von Schriftstellern und des freien Wortes insgesamt 'outgesourced' wird, dass irgendwelche Banden und Mafia-Vereinigungen, die in einer lockeren Beziehung zu einer Regierung stehen, manchmal auch nur zu Regionalregierungen, die schmutzigen Geschäfte für eine Regierung unternehmen"."

Auch in China habe sich die Lage nicht verbessert. Dort gebe es neben dem offiziellen P.E.N. einen unabhängigen und inoffiziellen Verband, der seit 2003 von Liu Xiaobo geführt wurde, dem chinesischen Dissidenten. Nach dessen Festnahme 2008 habe sich der P.E.N. wie viele andere NGO's immer wieder für Xiaobo eingesetzt:

""Wir haben engen Kontakt zu seiner Frau. Wir arbeiten sehr eng mit der jetzigen Präsidentin des unabhängigen P.E.N. zusammen. Bei dem Thema ist gerade der deutsche P.E.N. sehr engagiert."

Dass man im Allgemeinen vom P.E.N. in den vergangenen Jahren nicht mehr so viel gehört habe, liege auch daran, dass der Verband in Deutschland nur etwa 700 Mitglieder habe, und die Autoren nicht gerade zu den wohlhabenden Ständen gehörten, sagte Strasser. Dass heiße aber nicht, dass der Verband nicht immer wieder aktiv werde, gerade, wenn es um die Rechte von Autoren in nicht-demokratischen Ländern geht:

"Die meiste Arbeit, die wir machen, unsere Menschenrechtsarbeit, unsere Arbeit für das Exilprogramm und dergleichen, geschieht aus guten Gründen nicht immer im hellen Licht der Öffentlichkeit. Manchmal kann man Leuten in Bedrängnis, verfolgten Autoren, Journalisten und Verlegern nur helfen, wenn man stille diplomatische Wege geht. Manchmal ist eine öffentliche Kampagne notwendig, je nachdem. Das abzuschätzen, ist schwierig."

Ein wichtiger, aber unspektakulärer Teil der täglichen Arbeit bestehe auch darin, unterdrückten Autoren, die man aus ihren Ländern nach Deutschland geholt hat, dabei zu helfen, sich hier zurecht zu finden, zum Beispiel bei Behördengängen, bei der Anbahnung von Medienkontakten oder der Übersetzung ihrer Texte.

Ähnlich wie bei den Vereinten Nationen gibt es laut Strasser auch bei einzelnen P.E.N.-Zentren unterschiedliche Auffassungen über die Auslegung und Anwendung der gemeinsamen Charta, im Großen und Ganzen fühle man sich weltweit aber denselben Prinzipien verpflichtet:

"Ich war gerade auf dem Internationalen Kongress in Belgrad, und wir können feststellen, dass auf allen Kontinenten die P.E.N-Zentren sehr viel aktiver geworden sind in den letzten Jahren, und dass in den afrikanischen Staaten, natürlich auch in Nordafrika, wo sich ja Einiges verändert hat, aber auch in Schwarzafrika, sich viele neue P.E.N.-Zentren gegründet haben mit sehr guten jungen Autoren, die sich auch ein bißchen gelöst haben von der alten Larmoyanz bezüglich der Schäden der Kolonialzeit und dass alle Probleme darauf zurückzuführen sind, und die sagen, wir müssen das selbst anpacken, wenn wir in unserem Land etwas zustande bringen wollen. Ähnlich Entwicklungen haben wir in vielen asiatischen Bereichen, wo es ja auch nicht einfach ist. Also insgesamt, denke ich, sieht der P.E.N. im Augenblick ganz gut aus - sehr viel jünger, als er tatsächlich ist."