Neue Wege der zeitgenössischen Dramatik

05.06.2012
Die Stärke des zeitgenössischen Theaters sehe er darin, eine Geschichte nicht mehr anhand von Personendarstellungen erzählen zu müssen, meint der Autor und Übersetzer John von Düffel. Anlässlich der Eröffnung der Berliner Autorentheatertage erklärte er, junge Dramatiker könnten heute von einer "viel größeren Freiheit" profitieren.
Das Theater könne sich "auch in Form von Chören, in Form von Sprechtexten (…) Räume und Publikum erobern", so Festival-Organisator von Düffel. Dennoch halte er "trotz aller moderner Möglichkeiten" nicht die Form, sondern "die Relevanz des Stoffes" für entscheidend. "Ich bin immer froh, wenn ich das in einem Text eines Autors spüre, was sein Anliegen, was sein Blick ist, was sein Lebensgefühl ist."

Bei den Autorentheatertagen Berlin sind vom 5. bis 16. Juni 2012 Werke von Dramatikern wie Elfriede Jelinek, Peter Handke, Roland Schimmelpfennig, Theresia Walser und Falk Richter zu sehen. Auf der Langen Nacht der Autoren zum Abschluss des Festivals sind noch nicht uraufgeführte Stücke unter dem Motto "Sei nicht du selbst!" zu sehen.

Die Veranstalter wollen sich mit diesem Motto gegen den Zeitgeist des "Autentischseins" stellen: "Eigentlich braucht ja die Darstellende Kunst die Lizenz, sich Fremdes anzueignen", so von Düffel. "Also eben nicht diesen Anspruch zu erheben: Das, was ich zeige, bin ich auch."

Er glaube, dass häufig verkannt wird, "was die eigentliche Leistung von Schauspielerei ist, nämlich nicht, eine Realität abzubilden (…), sondern eine Realität zu schaffen", sagt von Düffel. "Große Schauspieler können das." Die Darstellende Kunst könne "mit unserer Wirklichkeit in Berührung treten", müsse aber "mit ihr nicht identisch sein".

Sie können das vollständige Gespräch mit John von Düffel mindestens bis zum 05.11.2012 in unserem Audio-on-Demand-Angebot hören. MP3-Audio