Neue Verpackungsverordnung

Kein großer Wurf

Blaue Mülltonnen mit gelben Säcken
Mülleimer © deutschlandradio.de / Daniela Kurz
Von Manuel Waltz · 12.08.2014
Seit 1991 müssen Einzelhändler die Verpackungen ihrer Produkte einzusammeln und – wenn möglich – wieder zu verwerten. Doch dabei geht einiges schief. Im Herbst tritt die jüngste Überarbeitung der Verpackungsverordnung in Kraft.
"Urban Mining", so bezeichnet man mittlerweile etwas schmeichelhaft das regelmäßige Leeren der Mülltonnen. Denn was da oft stinkend und von Fliegen umkreist in die LKWs der Müllabfuhr fällt, ist einiges wert: Der Restmüll dient als Brennstoff für Verbrennungsanlagen, Mikroorganismen verwandeln organische Abfälle in Biogas und Verpackungen werden recycelt.
Für Letzteres sind die derzeit zehn dualen Systeme zuständig. Das sind private Firmen, die die Sammlung und Verwertung des Verpackungsmülls gegen eine Lizenzgebühr organisieren. Doch anstatt sich darauf zu konzentrieren, so viel wie möglich zu recyceln, haben sie in letzter Zeit vor allem gegeneinander gearbeitet – mit einem gnadenlosen Preiskampf. Angeheizt von den Einzelhändlern. Uwe Rantzsch ist Geschäftsführer der ALBA Leipzig GmbH und seit Jahren im Geschäft:
"Günstiger machen geht aber nur, indem ich weniger Menge, als tatsächlich in Umlauf kommt, in die Rechnung einfließen lasse. Das heißt, ich überlege mir, wie kann man überhaupt Menge reduzieren. Das fing mal ganz bescheiden an, mit Schwund im Laden durch Diebstahl, durch überlagerte Lebensmittel, dann wurden die Prozentsätze, was geklaut worden ist im Laden, immer höher angenommen, bis sie völlig unrealistisch waren. Und dann war dieses Potenzial ausgenutzt und dann kam man auf sogenannte Branchenlösungen, und auf das System Eigenrücknahme, was eigentlich ziemlich aberwitzig ist."
Bisher konnten Lizenzgebühren gedrückt werden
Bisher konnten Aldi, Edeka und Co über die sogenannte Eigenrücknahme – also die Sammelbehälter im Laden – ihre Lizenzgebühren drücken. Die Tonne am Ausgang ist eigentlich eine gute Idee, doch so Florian Pronold, Staatssekretär im Umweltministerium:
"Wir wissen nun, dass der Anteil verschwindend gering ist am "point of sales" wie man auf neubairisch sagt, Verpackungen zurückgegeben wird. Deswegen schaffen wir das ab."
Ab Oktober wird es also keine Sammelboxen mehr an den Ausgängen geben. Die Mengentrickserei bei der Eigenrücknahme zeigt vor allem, wie hart der Wettbewerb unter den Dualen Systemen ist. Seit das Monopol des "Grüner Punktes" 2001 beendet wurde kämpfen die Firmen um Marktanteile, teilweise mit kriminellen Methoden. Die nun folgenden Monate gelten in Branchenkreisen als ihre letzte Chance , auch weiterhin für das Recyceln von Verpackungsmüll zuständig zu sein.
Doch auch aus anderen Gründen besteht dringender politischer Handlungsbedarf. Nach wie vor ist mit der Verpackungsverordnung nur der Umgang mit Verpackungen geregelt. Eine unsinnige Eingrenzung, so Uwe Rantsch:
"Wenn ich nach einer bestimmten Materialart sortiere, dann ist das so doof, dann noch eine weitere Unterscheidung zu treffen, Verkaufsverpackung oder Nicht-Verkaufsverpackung."
Christiane Schnepel vom Bundesumweltamt spricht sich deshalb für die einheitliche Wertstofftonne aus, in der auch Nicht-Verpackungen aus Kunststoff, Verbundstoffen und Metallen entsorgt werden können. Das System sollte vor allem darauf ausgerichtet sein, dass so viel wie möglich recycelt wird. Das spart Rohstoffe und CO2. Die Bürger seien da schon deutlich weiter als die Politik - auch wenn ein Zahnputzbecher oder eine Bratpfanne im Gelben Sack nach heutiger Gesetzeslage illegal ist:
Quoten, wie viel recycelt wird, sollen erhöht werden
"Die Bürger und Bürgerinnen, die sind ja schon so intelligent, dass sie sagen, mir ist das egal, ob das jetzt ein Joghurtbecher ist oder das Plastespielzeug. Ich glaube, wenn ich das Plastespielzeug in die Tonne reintue, dann wird das auch ordentlich recycelt. Und so verhalten sie sich dann auch sehr oft."
Doch auch die Quoten, wie viel recycelt werden muss, sollten dringend erhöht werden. Sie sind schon über 15 Jahre alt und stammen aus der Zeit, als noch von Hand sortiert wurde. Heute werden sie zwar regelmäßig übererfüllt. Doch technisch wäre noch wesentlich mehr drin. Höhere Quoten würden hierfür die Anreize bieten. In dieser Frage ist man sich in der Branche, wie auch im Umweltministerium grundsätzlich seit Jahren einig.
Nur: Eine gesetzliche Regelung fehlt bis heute. Bereits Norbert Röttgen hatte als Umweltminister ein Wertstoffgesetz angekündigt, genauso sein Nachfolger Peter Altmaier. Passiert ist nichts. Und auch Barbara Hendricks hat nun ein neues Gesetz für den Herbst angekündigt, Ausgang offen. Die Umweltministerin räumt dem Thema wieder eine größere Bedeutung ein, das muss auch die Opposition im Bundestag anerkennen. Die angekündigten Maßnahmen seien positiv, so Peter Meiwald von den Grünen:
"Nur sie reichen nicht aus. Wir hätten uns gewünscht, dass man jetzt gleich einen größeren Wurf macht und vernünftig an ein Wertstoffgesetz ran geht. Das, was im Moment passiert, ist einfach Flickschusterei an einem System, was aus unserer Sicht nicht zukunftsfähig ist."