Neue Technologien

Mit Brennstoffzellen an Bord

Ein Mann hält an einer Tankstelle eine Zapfpistole für Wasserstoff in der Hand
Wasserstoff an der Tankstelle - am Bodensee künftig Alltag © dpa / Hannibal Hanschke
Von Thomas Wagner · 14.08.2014
Toyota hat kürzlich das erste Serienauto mit Brennstoffzellen-Technik vorgestellt. Auch in Konstanz wird an der neuen Technik gearbeitet. Wissenschaftler haben dort die erste Wasserstoff-Tankstelle für den Schiffsverkehr entwickelt.
Aus der Ferne klingt das Signalhorn eines Ausflugsdampfers: Richard Leiner nimmt an einem Bootssteg am Konstanzer Seerhein am Steuer eines besonderen Schiffs Platz. Das summt, von einem Elektromotor angetrieben, nahezu lautlos über die Wasseroberfläche.
"Die erste Brennstoffzelle schaltet ein. Liefert ihren Strom. Und jetzt kann erkennen, dass die zweite Brennstoffzelle einschaltet. Jetzt haben wir zwei Brennstoffzellen, die Strom liefern."
Richard Leiner lehnt sich auf dem Kapitänssitz zurück. Der Professor für Elektro- und Informationstechnik an der nahegelegenen Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) stellt zufrieden fest: Alle Systeme funktionieren einwandfrei – auf einem in dieser Form einzigartigen Schiff weit und breit. Der Motor bezieht in diesem Moment aus drei Brennstoffzellen den notwendigen Strom.
Wasser als umweltneutrales Abfallprodukt
"Wir erzeugen Wasserstoff mit der Energie der Sonne. Und das Abfallprodukt ist Wasser! Ein ideales regeneratives System, ohne Umweltverschmutzung."
Denn: Eine Brennstoffzelle lässt in einem elektrolytischen Prozess Wasserstoff und Sauerstoff miteinander reagieren. Dabei entsteht Strom, der den Elektromotor antreibt, und als einziges Abgas bleibt Wasserdampf übrig. Richard Leiner steuert wieder den Liegeplatz an. Den kann er nicht verfehlen, denn vom Land her läuft, in etwa fünf Meter Höhe, ein dünnes, stählernes Rohr auf einer Art Stelzen zum Steg.
"Wir haben den Wasserstoff gespeichert, oben auf dem Gelände. Vom Gelände gibt es einen Tunnel durch die Straße durch. Dann geht es hier, am Ufer, raus. Diese Leitung wird dann hochgeführt über eine Bühne, etwa fünf Meter oberhalb des Steges, und kommt von den oben wieder runter in diesen grauen Kasten. Und da befindet sich der Tankrüssel. Also: Alles Gute kommt von oben!"
Ein Elektrolyseur im Wasserstoff-Hybridkraftwerk in Wittenhofe am Stadtrand im brandenburgischen von Prenzlau (Uckermark).
Mit solchen Elektrolyseuren wie hier in Prenzlau (Brandenburg) wird Wasserstoff erzeugt.© dpa / Bernd Settnik
Weil der Steg je nach Wasserstand schwankt, mussten die Experten die Wasserstoff-Zuleitung weit über dem Steg an einer starren Metallführung anbringen. Die Leitung darf sich schließlich nicht bewegen, zischt doch innendrin der Wasserstoff unter einem Druck von rund 300 Bar, also dem 300-fachen Atmosphärendruck, beim Betanken gasförmig in die zylinderförmigen Stahltanks auf dem Schiff.
"Wenn Sie einen Liter Wasserstoff mit einem Bar haben. Und sie vergleichen das mit Wasserstoff mit 300 Bar. Dann bekommen sie die 300-fache Energie raus."
Beim Gang von Bord fallen die Solarzellen an Deck auf. Sie deuten daraufhin, dass das Schiff wahlweise mit Strom aus der Brennstoffzelle, aber auch aus Solarstrom fährt. Darauf deutet bereits der Namenszug am Bug hin: „Solgenia":
„Solgenia – das ist ein Name zwischen Solar und hydrogen. Weil wir fahren mit Sonne und mit Wasserstoff."
Kombination aus Solar- und Wasserstoffantrieb
Diese Kombination sei geradezu ideal gerade für einen Schiffsantrieb am Bodensee, wo die Sonne zwar häufig, aber nicht immer scheint. Liefert die Sonne Energie, lädt sich automatisch die Batterie des Schiffes. Bleibt die Sonne weg, schlägt die große Stunde des Wasserstoff-Antriebes.
"Wenn die Batteriespannung unter ein gewisses Level fällt, dann schalten wir die Brennstoffzellen zu. Die laufen dann einfach unter Voll-Last. Die Energie davon, die wir nicht brauchen, lädt die Batterie auf. Und die Energie, die der Motor braucht, die kriegt er halt von den Brennstoffzellen."
Erklärt Thomas Barth, der an der Konstanzer Hochschule das Fach „Elektrische Systeme" studiert und beim Wasserstoff-Projekt mitgemacht hat.
"Hier unten, in der Kabine, ist nun das eigentliche Herzstück, der Elektrolyseur...."
Professor Udo Schelling zeigt im Erdgeschoss der Konstanzer Hochschule, nur ein paar Meter vom Schiffsanlegesteg entfernt, auf ein Gewirr an Kabeln und metallischen Druckleitungen – der sogenannte ‚Elektrolyseur.' Der funktioniert genau umgekehrt wie eine Brennstoffzelle: Unter Stromzufuhr wird Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff auf gespalten. Ganz wichtig dabei: Die Art und Weise, wie der Strom zur Wasserstoff-Gewinnung erzeugt wird. Schelling geht nach draußen, zeigt auf das Dach des Hochschulgebäudes.
"Da sieht man die Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 11 kW. Hier wird Strom erzeugt. Letztendlich macht Wasserstoff nur Sinn, wenn man ihn regenerativ erzeugt. Der Wasserstoff soll ja zukünftig ein wichtiger Baustein der regenerativen Energieversorgung sein. Die Sonne scheint nicht immer. Der Wind bläst, wann er will. Strom brauchen wir aber dann, wenn wir ihn haben wollen. Ohne Speichermedium geht deshalb die Zukunft nicht."
Großer Vorteil gegenüber klassischen Batterien
Und genau das ist ein wichtiges Ziel des Konstanzer Projektes: Die Wissenschaftler wollen aufzeigen, dass die Speicherung von Strom mithilfe von Wasserstoff alltagstauglich ist. Gegenüber klassischen Batterien sieht Udo Schelling einen großen Vorteil:
"Bei Batterien ist die Speicherdichte relativ gering. Elektrische Energie kann nur in sehr geringer Dichte gespeichert werden."
...ganz im Gegensatz zum elektrolytisch gewonnenen Wasserstoff. Wie gut sich der als Schiffsantrieb eignet, sollen Testfahrten in den kommenden Monaten zeigen.
Wenn das Schiff unterwegs ist, sendet der Bordrechner alle wichtigen Kennziffern wie Geschwindigkeit, Wasserstoffverbrauch, Spannungsschwankungen und vieles andere mehr in Echtzeit an Land. Doch abseits der Wissenschaft bereitet das Forschungsprojekt den Beteiligten auch viel Spaß, so Richard Leiner:
"Also am Wochenende sehen sie immer Studenten, die die Boote ausleihen und es genießen, mit ihren Freundinnen auf dem See zu fahren. Wir wollten auch einmal eine Videokamera einbauen. Das aber wurde von den Studenten nicht befürwortet."
Mehr zum Thema