Neue Server für Facebook

Von Agnes Bührig · 12.04.2012
Mehr als 800 Millionen Facebook-Nutzer laden täglich über 100 Millionen Bilder auf die Plattform. Neue Serveranlagen werden also gebraucht. Die größte von ihnen, wird derzeit im Norden Schwedens gebaut - subventioniert mit umgerechnet etwa 10 Millionen Euro vom Staat.
Tony Abrahamsson hat sich einen Schutzhelm aufgesetzt und seine warme Bauarbeiterjacke übergezogen. Der Bauleiter stapft hinaus in den Schnee, ins Zentrum der riesigen Baustelle für Facebook am Rande von Luleå:

"Wir stehen jetzt mitten in der ersten Serverhalle. Sie ist 317 Meter lang und etwa 100 Meter breit, 15 Meter sind es bis zum Dach. Dort werden später eine Menge Ventilatoren sitzen, die die Luft ins Gebäude saugen. Dabei passiert sie eine Reihe von Filtern, bevor sie in einem Schacht landet. Dort sind Temperatur- und Feuchtigkeitsmesser angebracht, die das Klima prüfen. Ist es zu heiß oder zu trocken, werden Wasserdüsen in Gang gesetzt, die die Luft befeuchten und somit kühlen. Bei 20 bis 22 Grad laufen die Server am besten."

Kühle Temperaturen, günstiger Strom und die Nähe zu Kompetenz im Bereich Programmierung und IT durch eine Technische Universität waren es, die den Ausschlag für den Standort Luleå im Norden Schwedens gaben. Dazu gilt das Land als Vorreiter in Sachen IT. Drei von vier Schweden sind täglich im Internet. Die Datenkabel sind flächendeckend übers Land gelegt. Das hat auch mit den weiten Entfernungen zu tun, sagt der Bürgermeister von Luleå, Karl Petersen:

"Die Region Norrbotten macht geographisch ein Viertel von Schweden aus, hier leben aber gerade einmal eine Viertel Million Menschen. Der Weg zwischen den einzelnen Orten ist weit. Deshalb sind wir gezwungen, große Distanzen mit Hilfe der Kommunikationstechnik zu überbrücken. Bereits seit 15 Jahren haben wir den Ausbau der Breitband-Datennetze vorangetrieben."

300 neue Arbeitsplätze erhoffen sich die Lokalpolitiker. Zudem soll das 500 Millionen schwere Projekt Synergieeffekte geben. Zum Beispiel in Form von neuen Unternehmen, die in der Folge nach Luleå ziehen. Doch es gibt auch Kritik an dem Projekt. Datenschützer erinnern an die umfangreichen Abhörgesetze in Schweden. Seit 2009 darf der militärische Abhördienst FRA jedweden Datenstrom überwachen, der die Grenzen des Landes passiert. Damit könnte sich zukünftig auch die Kommunikation tausender Facebook-Nutzer bespitzeln lassen, warnt der Gründer der Piratenpartei, Rick Falkvinge:

"Das sagt sowohl etwas über Facebook aus wie über den schwedischen Staat. Als das FRA-Gesetz verabschiedet wurde, war Google dabei, sich in Lund zu etablieren. Diese Planungen landeten schnell im Papierkorb und Google warf der schwedischen Regierung die Verletzung von Menschenrechten vor. Facebook hat damit kein Problem. Ich bin erstaunt, dass das Unternehmen selbst und die europäischen Facebookanwender das nicht ernster nehmen."

Mit den legalen Abhörmöglichkeiten durch das FRA-Gesetz könne der schwedische Geheimdienst Säpo ungehindert Informationen sammeln, von der politischen Ansicht bis hin zu sexuellen Präferenzen eines Nutzers. Diese würden dann mit den Datensammlungen anderer Länder getauscht, eine Art Handelsware, warnt Rickard Falkvinge. Zudem werde das Gesetz nicht befolgt, wie jüngst eine Untersuchung von Siun zeigte, einer Behörde, die die Einhaltung des FRA-Gesetzes überwacht:
"Es kam heraus, dass Schwedens militärischer Abhördienst FRA Daten nicht löscht, wie es ihm vorgeschrieben ist. Er hält es für praktisch, gespeicherte Datensätze aufzubewahren und gelöschte Informationen wiederherzustellen. Das sind eine Menge Kritikpunkte - aber keiner ist erstaunt. Und dieser Organisation gibt man jetzt den Schlüssel zur Kommunikation aller Schweden und aller Europäer. Das ist ziemlich naiv."

Birgitta Bergvall-Kåreborn, Prorektorin an der Technischen Universität Luleå, sieht das etwas anders. Die Etablierung von Facebook sei für die gesamte IT-Branche im Raum Luleå stimulierend. Bereits heute arbeite die Universität in praxisorientierten Forschungslabors mit Telekomunternehmen wie Ericsson zusammen, sagt die Professorin für Informatik.

"Unser Schwerpunkt in der Informatik liegt auf den Bereichen Dienstleistung und und Dienstleistungsinnovation. Wir untersuchen, wie man mit Hilfe von technischen Plattformen über das Internet neue Dienstleistungen entwickeln kann. In Zukunft werden wir diesen Bereich um die Themenfelder Speicherung von Daten, Energiefragen und Kühlung erweitern, die für Facebook eine Rolle stellen. Aus diesem Blickwinkel ist das Unternehmen interessant für uns."

Die gute Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und etliche praxisnahe Forschungsprojekte zögen Wissenschafler aus nah und fern an, sagt Bergvall-Kåreborn. Das ist wichtig für den Norden Schwedens, der traditionell sturkturschwach ist und unter der steten Abwanderung junger Menschen zu leiden hat. Die Facebook-Ansiedlung kann dem entgegen wirken, meint auch Luleås Bürgermeister Karl Petersen. Er sieht vor allem Vorteile für seine Stadt und die Region insgesamt:

"Es siedelt sich eines der weltweit wichtigsten Unternehmen bei uns an. Selbst in Amerika spricht man von Facebook Luleå. Das hat eine große Bedeutung für uns. Es setzt unsere Stadt auf die Karte."