Neue Regierung

    Schwarz-Rot vereinbart Koalitionsvertrag

    27.11.2013
    Rund zwei Monate nach der Bundestagswahl haben die Vorsitzenden von CDU, CSU und SPD einen Koalitionsvertrag unterzeichnet. Die drei Parteichefs Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel zeigten sich zufrieden mit den Vereinbarungen.
    Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel sagte, es gebe gute Chancen, dass es den Menschen in Deutschland zum Ende der Legislaturperiode 2017 besser gehe. Die Große Koalition wolle große Aufgaben für Deutschland meistern. Merkel hob hervor, dass keine Steuererhöhungen geplant seien.
    "Große Harmonie auf allen Seiten"
    Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sagte: "Ich bin hochzufrieden mit dem Inhalt des Vertrags." Es würden massive Impulse für Forschung, Infrastruktur und Bildung gesetzt.
    SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärte, es sei ein Koalitionsvertrag "für die kleinen Leute" geschrieben worden. Das Leben in Deutschland könne besser werden. Erst nach dem Mitgliederentscheid seiner Partei werde entschieden, wie sich die Ressorts der Regierung aufteilen und wer als Minister in Kabinett gehe.
    "Große Harmonie auf allen Seiten", meint Stephan Detjen, Leiter des Deutschlandradio-Hauptstadtstudios zur Einigung der Parteispitzen auf den Koalitionsvertrag.
    Nach wochenlangen Verhandlungen und nach einer abschließenden 17-stündigen Marathonsitzung waren die Weichen für die nächste Bundesregierung gestellt worden. Spitzenvertreter der drei Parteien vereinbarten einen gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro, der ab 2015 kommen und zwei Jahre später in ganz Deutschland gelten soll.
    Verständigung bei Rente und Pkw-Maut
    Eine Einigung gab es auch in der Rentenpolitik. Geplant ist, die von der SPD geforderte abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren im kommenden Jahr einzuführen. Außerdem soll es die von der Union versprochene Besserstellung älterer Mütter, die vor 1992 Kinder bekommen haben, zum 1. Januar 2014 geben. Ferner soll ab 2017 eine "solidarische Lebensleistungsrente" für Geringverdiener von bis zu 850 Euro pro Monat kommen.
    Die Verhandlungspartner verständigten sich auch bei der Pkw-Maut, die allerdings unterschiedlich beurteilt wurde. Während die CSU den Erfolg für sich reklamierte, wurde in Kreisen von CDU und SPD die Vertragsformulierung lediglich als Prüfauftrag gewertet. Voraussetzung für eine Maut soll sein, dass die Gebühr nur ausländische Autofahrer belastet und mit dem Europarecht vereinbar ist. Dazu soll im kommenden Jahr ein Gesetz verabschiedet werden.
    SPD-Basis entscheidet in den kommenden beiden Wochen
    Eine Einigung gab es auch bei der doppelten Staatsbürgerschaft: In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern müssen sich künftig nicht mehr bis zum 23. Lebensjahr für einen der beiden Pässe entscheiden. Die sogenannte Optionspflicht entfällt.
    Allerdings steht das Vertragswerk noch unter dem Vorbehalt des Mitgliederentscheids der SPD. Die Sozialdemokraten wollen ihre Parteibasis in den kommenden zwei Wochen über den Koalitionsvertrag entscheiden lassen. Fällt dieser positiv aus, könnte Angela Merkel in der Woche vor Weihnachten erneut zur Bundeskanzlerin gewählt und die neue Regierung ihre Arbeit aufnehmen. Auf die SPD-Spitze warte nun "eine schwierige Führungs- und Überzeugungsarbeit", meint Stephan Detjen, Leiter des Deutschlandradio-Hauptstadtstudios.
    Zufriedenheit bei Union und SPD
    Derweil äußerten sich andere Spitzenpolitiker über die Einigung zufrieden. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte im Deutschlandfunk: "Wir haben gut verhandelt. Wenn das unsere Mitglieder auch so sehen, haben wir keinen Grund, Sorge zu haben."
    Laut CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt trägt der Vertrag eine deutliche Handschrift der Union: Er "spiegelt das Wahlergebnis wider". CDU-Generalsekretär Herrmann Gröhe betonte, dass es laut der Einigung keine Steuerhöhungen und keine Neuverschuldung ab 2015 geben werde.
    Linke und Grüne kritisieren Vereinbarung
    Kritik kam von Vertretern der wohl künftigen Oppositionsparteien. Linken-Fraktionsvize Dietmar Bartsch beklagte fehlende zukunftsweisende Vereinbarungen im Koalitionsvertrag. "Ich habe gehofft, dass die Große Koalition“ große Probleme angeht", sagte Bartsch im ZDF. Doch hier werde verwaltet und nicht etwa in die Zukunft agiert.
    Auch der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter äußerte sich kritisch. Die Vereinbarung von Union und SPD sei geprägt von "Zukunftsvergessenheit", sagte Hofreiter ebenfalls im ZDF. Die geplante Koalition ziele auf den "Abbruch der Energiewende" ab. Unser Hauptstadt-Korrespondent Frank Capellan war in der Nacht der Einigung im Willy-Brandt-Haus.
    Der Koalitionsvertrag war auch Thema unseres heutigen Mediengesprächs: Nach Ansicht von Holger Schmale, Chefkorrespondent der "Berliner Zeitung", hat die SPD "viel herausgeholt" für ihr "schwaches Ergebnis bei der Wahl."
    mho mit dpa, Reuters, AFP und epd
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