Neue Goethe-Instituts-Präsidentin Carola Lentz

Kolonialismus im Fokus

07:47 Minuten
Das Bild zeigt die Wissenschaftlerin Carola Lentz.
Carola Lentz hat sich intensiv mit afrikanischen Kulturen beschäftigt. © Foto: Angelika Leuchter/Wissenschaftskolleg zu Berlin
Carola Lentz im Gespräch mit Gabi Wuttke · 30.09.2019
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Die Ethnologin Carola Lentz ist einstimmig zur neuen Präsidentin des Goethe-Instituts gewählt worden. Ab November 2020 wird sie Klaus-Dieter Lehmann ablösen. Besonders Kolonialismus und Erinnerungspolitik sollen wichtige Themen ihrer Arbeit sein.
Sie habe sich gar nicht auf die Leitung des Goethe-Instituts beworben, sagt Carola Lentz im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Der amtierende Präsident des Goethe-Instituts, Klaus-Dieter Lehman, habe sie vor sieben Wochen angerufen und gefragt, ob sie seine Nachfolgerin werden wolle.
"Ich habe mir dann Bedenkzeit erbeten und im 'Darüber Nachdenken' kam dann immer stärker der Eindruck bei mir auf, dass das eine unglaublich tolle Herausforderung und Chance ist, verschiedene Bereiche meines bisherigen beruflichen und persönlichen Werdegangs zusammenzubringen."
Lentz ist stellvertretende Vize-Präsidentin der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Ethnologie-Professorin an der Uni Mainz. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist Afrika, insbesondere Nord-Ghana.

Kolonialismusdebatten bestimmen die Gegenwart

Kolonialismus und Erinnerungspolitik würden sehr wichtige Themen ihrer Arbeit werden. Als wissenschaftliche Autorin habe sie viele eigene Erkenntnisse gesammelt. Bei der Nationenbildung in Afrika spiele der Kolonialismus eine sehr wichtige Rolle:
"Als Folie, vor deren Hintergrund die eigene Nation gebaut und sehr viel diskutiert wird. In Afrika haben wir bei den Feiern 2010 – 50 Jahre Afrika – festgestellt, dass in den verschiedenen Ländern sehr intensiv debattiert wurde: 'Sind wir schon unabhängig oder haben wir es noch mit Kolonialismus heute zu tun und in welchen Formen?'"
Dies werde sicherlich ihre Arbeit im Goethe-Institut begleiten, sagt Lentz, und besonders interessiere sie, welche künstlerische Positionen dazu entwickelt worden sind und welche Gesprächsformate dazu noch gefunden werden können.

Lob für das "hervorragende Team"

Dass sie nach Jutta Limbach die zweite Frau an der Spitze des Goethe-Instituts sein werde, bedeute ihr eher wenig, zumal nicht sicher sei, dass sie die Arbeit anders machen werde als ein Mann. Klaus-Dieter Lehmann habe das Institut hervorragend organisiert. Da gebe es für sie keinen Handlungsbedarf.
"Ich stelle mich gerne in das hinein, was er da aufgebaut hat. Wichtig ist mir allerdings, dass ich als Frau – so wie viele andere Frauen auch – von dieser guten Konjunktur profitiere. Ich finde das wunderbar, dass der Gedanke bei der Besetzung solcher Führungspositionen aufkommt: 'Haben wir nicht eine Frau, die das machen kann?'"
Eine gute Leitung des Goethe-Institus gelinge nur durch das hervorragende Team und biete ihr zudem auch die Möglichkeit, sich gelegentich zurückzuziehen: "Die Position dieses 'Ehrenamtes' gibt auch eine gewisse Unabhängigkeit dadurch, dass das operative Gechäft in den Händen von einem sehr kompetenten Generalsekretär und einem hervorragenden kaufmännischen Direktor liegt."
(mle)
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