Neue deutsche Welle des Chansons

Von Sabine Demmer |
Eigentlich wollte sie nach dem Vorbild ihres Vaters Psychologin werden. Als Musikerin, die ihre Stücke selbst komponiert und die Texte schreibt, setzt Kitty Hoff das auf ihre eigene Weise um. Nach "Rauschen" erscheint jetzt ihr zweites Album unter dem Titel "Blick ins Tal". In ihren Chansons sind Anklänge an Jazz, Swing, Bossa nova, Reggae und Tango zu hören.
"Ein kleiner Hund läuft durch die Stadt, er hat das Hundeleben satt. Er sehnt sich nach Philosophie und einem Hauch von Psychiatrie. Der kleine Hund läuft ohne Grund, er ist nicht krank und nicht gesund. Riecht nach Chanel und Chlorophyll und hält vom Artigsein nicht viel."

Anfang der 70er Jahre wächst die kleine und zierliche Sängerin Kitty Hoff als Kathrin Oberhoff im Münsterland auf. Schon früh wird ihr musikalisches Talent von den Eltern gefördert. Bereits im Kindergarten spielt Kitty Blockflöte, Klavier und Geige. Sie liebt es, im Kammerchor ihres Vaters zu singen. Auch ihr Bruder und ihre Schwester werden musikalisch erzogen.

Kitty Hoff: " Jedes Weihnachten wurde eine Kassette für die Oma aufgenommen, wo wir dann schon ein bisschen gedrillt wurden, fein die Weihnachtslieder dreistimmig zu singen oder zu spielen, und so war das für mich normal."

Musik spielt also im Alltag der charmanten 34-Jährigen schon immer eine große Rolle. Doch beruflich hatte Kitty Hoff eigentlich andere Pläne.

"Ich wünschte, es täte einen Knall und die Psyche wäre blitzeblank. Ein Glitzern und ein Glänzen überall – vom Komplex bis zum Tablettenschrank … Ich fühle diese Ordnung und entspanne mich."

Hoff: " Ich wollte immer Psychologin werden. Also mein Vater ist Psychologe. Ich fand das irgendwie toll. Es ist ein bisschen anders gekommen, was aber auch in Ordnung ist, und vielleicht ist man im weitesten Sinne auch so was wie eine Psychologin, zumindest wenn man die Texte selbst schreibt. "

Ihren eigenen Stil hat die Wahlberlinerin nicht nur in der Musik gefunden. Ihr blonder Kurzhaarschnitt mit dem Seitenscheitel erinnert an die zwanziger Jahre - eine typische Charlestonfrisur. Kitty Hoff studiert Gesang, Schauspiel und Tanz - erst in Wien, dann in Essen. Ein paar Semester versucht sie, noch ein Lehramtsstudium der Musik und Germanistik, doch kein Studium schließt sie ab. Ihr wird klar: Sie möchte etwas Eigenes machen: Chanson-Jazz-Pop mit deutschen Texten.

Hoff: " Mir wurde gesagt, du musst da was Einfacheres für finden. Das klingt super ungriffig, das kann sich niemand merken. Vielleicht sollte man sich trauen, es ist neuer deutscher Chanson so wie das "Nouvelle Chanson" in Frankreich. Da guckt keiner komisch, wenn man sagt, ich mach solche Musik. "

Kittys Mann aber auch ihre beiden Kinder, der 11-jährige Julius und die 5-jährige Rosalie, inspirieren Kitty jeden Tag aufs Neue. Nicht nur, wenn sie gemeinsam musizieren, fallen Kitty die Ideen für ihre Texte ein. Kitty singt über Alltägliches, Tagträume oder Momentaufnahmen. Humorvoll, ironisch, atmosphärisch aber auch melancholisch schreibt sie ihre Lieder selbst.

"Wann stehst Du am Strand? Im weißen Sand? Und das große blaue Meer rauscht dir das Köpfchen leer."

Jazz, Swing, ein bisschen Bossa nova, Tango oder Reggae-Elemente nutzt Kitty. Heraus kommen Geschichten wie die von einem Leichtmatrosen, einem Postpaket, der Großen Freiheit, dem Blick ins Tal oder aber über das Rauschen.

"Der Fremde am Arm, die Liebe im Tau, das Zittern im Laub und der Blick einer Frau. Paris im August, ein Körper im Schnee, ist die Fährte ins Licht, ist das Kribbeln im Zeh, die Melodie dreht sich im ewigen Kreis. Ist der Anfang vom Glück und das Ende ich weiß."

Hoff: " Ich will nicht verwirren, aber ich will auch nicht unterfordern, und ich hab das Gefühl, das wird so oft gemacht. Es sind Geschichten, die man schon tausendmal gehört hat. Also der Verflossene und man ist traurig. Na ja nu. Aber man kann ja auch mal versuchen ein bisschen mehr zu fordern, aber ohne intellektuell abzuheben." "

Viele Preise hat Kitty für ihre Musik bereits erhalten. So wurde sie zum Beispiel im letzten Jahr auf dem Theaterkahn in Dresden mit dem Förderpreis der Liederbestenliste ausgezeichnet.

Hoff: " Das ist einfach irre wie auch aus aller Welt Leute schreiben und natürlich oft Leute, die sagen: Das ist ja alles wunderbar und noch nie so etwas gehört. Ich versteh kein Wort. Aber es ist wunderschön. "

Hinter den literarisch, poetischen, fast philosophischen Texten steckt eine sehr emotionale Frau, die die Menschen zum Nachdenken anregen möchte – immer mit dem Ziel: Es lohnt sich, im Leben weiterzumachen.

"Ein Lied, ein Ton in das Rauschen der Zeit. Ist es hier, ist es nah, wenn der Winter verzeiht. Aus der Ferne ein Licht, aus dem Fenster ein Kuss, ein Stoß, ein Spiel, die Schatten im Fluss. Die Melodie dreht sich im ewigen Kreis. Ist das Ende vom Lied und das Ende ich weiß."