Neue Bücher über den irischen Jahrhundertautor

Rezensiert von Helmut Böttiger · 13.04.2006
Zum 100. Geburtstag des irischen Jahrhundertautors am 13. April erscheint im Suhrkamp Verlag mit der "BasisBiographie" ein kurzer Abriss über sein Leben und Werk sowie der Band "Beckett Erinnerung". Neben seinen Lebensstationen sind dort spröde Statements des Autors und von Zeitgenossen zu lesen.
Die große aktuelle Beckett-Biographie ist bereits erschienen (von James Knowlson), von Beckett selbst hat der Suhrkamp Verlag in den letzten Jahren alles herausgebracht, was an Restbeständen im Nachlass auch nur im Ansatz noch vorhanden war - dennoch: zum 100. Geburtstag des charismatischen irischen Jahrhundertautors gibt es immer noch etwas zu veröffentlichen.

In der Reihe "Suhrkamp BasisBiographien", die in der Art der genrebildenden rowohlt monographien konzipiert und gestaltet sind, erscheint ein konziser, kurzer Abriss über Leben und Werk Becketts, und der Biograph James Knowlson hat zusammen mit seiner Frau Elizabeth einen Sammelband herausgegeben, in dem zum einen Becketts eigene biographische Texte versammelt sind, zum anderen aber Weggefährten und Interpreten zu Wort kommen.

Die beiden Bücher zeigen höchst unterschiedliche Möglichkeiten auf, sich dem Leben eines Autors zu nähern. Die "BasisBiographie" versucht, das Wesentliche chronologisch darzustellen; die Lebensstationen Becketts wechseln mit kurzen Charakterisierungen der Hauptwerke ab. Für einen ersten Überblick kann das recht hilfreich sein.

Die beiden Autorinnen legen großen Wert auf den avantgardistischen Zug Becketts: mit der nationalistischen und sentimentalen Literatur Irlands zumal nach der Zeit des Osteraufstands 1916 hatte Beckett von Anfang an nichts zu schaffen, erst im Paris der dreißiger Jahre fand er, wie es heißt, "die Anregungen und Avantgarden, die ihn weiterbrachten".

Großen Wert legen die Autorinnen auf Becketts schon frühes Interesse für technische Neuerungen, für die Entwicklung der Medien. Sie versuchen vehement, dem Eindruck entgegenzuwirken, Beckett sei als großer existenzieller Autor den fünfziger Jahren verhaftet, und heben die zeitgenössischen Spuren in Bildender Kunst und Musik bis heute hervor.

Der Band des Ehepaars Knowlson hingegen ist ein reiner Quellenband und liefert somit die materiellen Grundlagen der bereits geschriebenen Biographie nach. Das ist Beckett für Fortgeschrittene: die einzelnen Lebensstationen werden durch die meist charakteristisch knappen und spröden Statements von Beckett selbst, aber auch von Zeitgenossen und Mitarbeitern dargestellt.

Das Wichtigste sind die Wiedergaben von Interviews, die Beckett dem Biographen Knowlson gegeben hat und die er in seiner Biographie nur ausschnitthaft verwenden konnte: das ist eine Kostbarkeit, da Beckett in seinem Leben sonst fast keine Interviews gegeben hat. So lesen wir seine Sicht der Freundschaft mit James Joyce, der Arbeit als Verbindungsoffizier in der Résistance und seines Untertauchens in einem Dorf in der Vaucluse.

Beckett starb bevor diese Interviews auch die legendäre Nachkriegszeit, vor allem mit "Warten auf Godot", thematisieren konnten - atmosphärisch dichte Zeugnisse von Leuten, die das miterlebt haben, sind der beste Ersatz dafür. Im Gegensatz zur BasisBiographie wirkt das Buch "Beckett Erinnerung" zunächst eher wie eines für Spezialisten - doch wenn man erst einmal angefangen hat, möchte man gern Beckett-Spezialist werden.

Gaby Hartel/Carola Veit: Samuel Beckett
Suhrkamp BasisBiographie. 154 Seiten.

James und Elizabeth Knowlson (Hg.): Beckett Erinnerung
Suhrkamp Verlag, 359 Seiten.