Neue Autos für das Land
In fünf Jahren will der chinesische Forschungsminister eineinhalb Millionen Elektroautos auf den Straßen sehen. Schon jetzt rüsten in 20 chinesischen Städten Busse und Taxis auf Elektroantrieb um – als bisher größter Feldversuch mit diesen Motoren weltweit.
Es ist der größte Feldversuch mit Elektroautos, den es bislang in der Welt gab. Eine der Städte, die sofort mitzogen, war Shenzhen, die Industriemetropole im Süden. Luo Baodong ist Fahrer in der staatlichen Taxigesellschaft von Shenzhen. Wenn er per Knopfdruck sein rot-weißes E-Taxi startet, ist der Scheibenwischer viel lauter als der Motor:
"Dieser Wagen fährt sich sehr gut. Die Kunden mögen die E-Taxis. Sie sehen hochwertig aus, sind bequem und geräumig. Allerdings sind sie vielen Leuten noch unbekannt. Wer nicht die Nachrichten verfolgt, der hat oft überhaupt keine Ahnung. Viele Leute glauben zunächst, dass ich ein Feuerwehrauto oder ein Taxi aus Hongkong fahre."
Aber Luo hat für seine Passagiere die passenden Antworten parat: Etwa dass jede Fahrt ein Viertel billiger ist als normal, weil Elektroautos nicht mit Benzinsteuer belegt werden. Doch eins muss Fahrer Luo zugeben:
"Es gibt noch nicht viele Stationen fürs Aufladen der Batterie. Dies wird sich ändern, dann verbessert sich vieles. Heute ist es so: Nur wenn ich morgens losfahre, kann ich garantiert jeden Passagier ans Ziel bringen. Nachmittags muss ich oft erklären, dass wir vielleicht nicht sonderlich weit kommen werden."
Unsere E-Taxis schaffen am Stück 300 Kilometer, und das auch nur im Laborversuch, räumt Gui Tianjiao ein, Manager der Taxifirma von Shenzhen.
"Wenn wir in Zukunft die Batterie austauschten, wären wir in der Lage, E-Autos wie heute an Tankstellen schnell laden zu können. Die Stadtregierung von Shenzhen plant ein Netz solcher Stationen. Elektroautos sollen ihre Batterien überall in der Stadt austauschen können."
Dazu wäre absolute Präzision notwendig, denn die Batterien wiegen 300 Kilo und mehr. Gui Tianjiao plant, auf Dauer all seine herkömmlichen Taxis gegen Elektroautos auszutauschen. Mit umgerechnet 6000 Euro wird er bei jedem Wagen von der Regierung unterstützt.
Noch nie war eine Automesse in China so grün angehaucht wie jene im Frühjahr in Peking. Weltkonzerne überboten sich in leidenschaftlichen Bekenntnissen, energiesparende, schadstoffarme Fahrzeuge bauen zu wollen. Volkswagen widmete dem Thema gar eine ganze Abendgala. Höhepunkt: Der Auftritt von Konzernchef Martin Winterkorn.
Genau das ist die Botschaft, die der chinesische Forschungsminister Wan Gang hören will:
"Solche Partnerschaften tragen viel zum Fortschritt bei. Wir sehen, wie sich Volkswagen, BMW und Mercedes am chinesischen Markt für Elektroautos engagieren. Sie werden dabei von unserer Regierung unterstützt. Elektro-Autos sind ein sehr wichtiger Teil der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China."
Der Minister könnte solche Sätze ebenso gut auf Deutsch sagen. Wan Gang hat an der TU Clausthal promoviert und neun Jahre bei Audi in Ingolstadt gearbeitet. Seine Prognose für Chinas Elektroautos ist kühn.
Anderthalb Millionen Elektroautos in fünf Jahren – die Chinesen haben ein ehrgeizigeres Ziel als die Bundesregierung. Forschungsminister Wan Gang kennt die lange Geschichte westlicher Versuche in alternativen Antriebstechniken aus seiner Zeit in Deutschland sehr genau. Er weiß, dass es den großen Autobauern in drei Jahrzehnte nicht gelungen ist, ein wirklich markttaugliches E-Modell zu entwickeln. Zu hoch die Preise für den Autokäufer, zu unpraktisch das Wiederaufladen der Batterien. Bis heute sind das die Hauptprobleme. Die Chinesen versuchen nun, sie auf ihre Art zu lösen. Deshalb holte Peking Wan Gang, den Autoexperten, vom Chefsessel der Tongji-Universität in Shanghai weg und in die Regierung. Obwohl er kein Mitglied der kommunistischen Partei ist. Wan Gang erklärt:
"2009 hat die chinesische Regierung einen Plan aufgelegt, wie die Zahl von Elektrobussen und Taxis erhöht werden kann. Auf dem Gelände der Weltausstellung in Shanghai fuhren 500 Elektroautos und rund um das Gelände waren 500 Hybridfahrzeuge im Einsatz. Einen ähnlichen Plan wollen wir in 20 Städten umsetzen. Dort werden Elektroautos im öffentlichen Nahverkehr eingeführt."
Ein E-Mobil kostet in China derzeit rund 30.000 Euro – viel zu viel für den Normalverbraucher. Das findet auch der Partner im Taxiversuch von Shenzhen, der Batterie- und Autobauer BYD. Diese Abkürzung steht für Build Your Dreams, mach deine Träume wahr. Aber noch kann keine Rede davon sein, dass BYD seinen Traum Massenproduktion wahrmachen kann. Den Start hat die Firma immer wieder verschieben müssen. Dennoch ist BYD-Chef Wang Chuanfu die Symbolfigur der grünen Wende in der chinesischen Industrie. Im September präsentierte er in Changsha seinen neuen Elektro-Bus:
"Wenn wir über die Verringerung von Emissionen und Klimaschutz reden, geht es normalerweise um Privatautos. Wir vergessen die Busse. Aber ein einziger Bus stößt so viele Schadstoffe aus wie 30 Pkw. Ohne saubere Busse kann es keinen sauberen Straßenverkehr geben."
Für seinen neuen E-Bus bekam Wang Chuanfu viel Beifall von seinem Großinvestor Warren Buffet, der zehn Prozent an BYD hält. Auch Bill Gates war nach Changsha gereist:
"Was sehr aufregend hier in Changsha und in der Partnerschaft mit BYD ist: Die Chinesen waren phänomenal erfolgreich mit Massenproduktion zu niedrigen Kosten. Aber was wir hier sehen im Bau von Elektrobussen ist Innovation, etwas, das es nirgendwo sonst gibt. Das ist sehr wichtig für die Weltwirtschaft, die Umwelt."
BYD ist eine junge Firma: Gegründet 1995 als Hersteller von Batterien, rollte sie schnell den Weltmarkt auf. Ging an die Börse. Und begann vor sieben Jahren, auch Autos zu bauen. Seit der chinesische Staat die Elektromobilität puscht, ist BYD ein begehrter Partner. Zunächst unterzeichnete Volkswagen im Frühjahr 2009 eine Absichtserklärung auf Zusammenarbeit. Über Details schwiegen sich beide Partner aber aus. Nicht so Mercedes Benz. Im Frühjahr 2010 unterzeichneten die Stuttgarter ebenfalls einen Vertrag mit BYD. Ziel: Gemeinsam ein E-Fahrzeug zu bauen. Ein Coup für Mercedes-Chef Dieter Zetsche.
Wenn Henry Chen an diese Partnerschaft denkt, muss er grinsen. Chen hat 20 Jahre in den USA gelernt, was ein cleverer Deal ist. Als sein Bruder zum erfolgreichsten Solarunternehmer in China aufstieg, kehrte auch er zurück. Und gründete in Changzhou seine eigene Firma: Jiangsu E-Motors:
"BYD ist eine sehr interessante Firma. Jeder redet über BYD als Symbol für Elektroautos. Der Chef Wang Chuanfu ist ein schlauer Typ. Er redet schon so lange über dieses Konzept. Aber wir haben noch kein Elektroauto von BYD am Markt gesehen. Dafür aber umso mehr herkömmliche Wagen von BYD. Wang benutzt den alternativen Antrieb, um seine Marke bekannt zu machen. Es ist schon so: Seit die Regierung Elektroautos fördert und Milliardenbeträge ausgibt, wird dieser Markt richtig heiß. Aber die chinesische Kultur beinhaltet leider auch, dass viele Leute nur viel reden, um an Förderung ranzukommen. Echte Bemühungen sieht man kaum."
Er selbst sei anders, sagt Henry Chen. Er wolle zum Wohl der chinesischen Gesellschaft beitragen. Deshalb seine Rückkehr aus Amerika. In einem Jahr will er sein erstes E-Mobil auf den Markt bringen. Als Testfeld sieht er auch Nordrhein-Westfalen, er habe mit Regierungsvertretern aus NRW gesprochen.
"Der Wagen darf nicht mehr kosten als umgerechnet 10.000 Euro. Die Reichweite wird 150 Kilometer sein. Damit kann man drei Tage auskommen. Es soll ein Zweitwagen für die Familie sein. Wenn die Ehefrau in der Stadt Einkaufen fährt oder die Kinder abholt. Das ist ein sehr bequemes Konzept, passend für Elektroautos."
Henry Chen wird von der Stadt Changzhou massiv unterstützt. Für sein Werksgelände muss er drei Jahre lang keine Miete zahlen. Seine ersten Busse darf er als Shuttle bei regionalen Sportwettkämpfen testen. Auch deutsche Autobauer folgen neuerdings dem chinesischen Weg.
Gerd Möhrke ist Experte für alternative Antriebe bei der Unternehmensberatung Management Engineers in Shanghai. Ihn beeindruckt, was die Chinesen derzeit leisten:
"Sagen wir mal so, China ist, was Technologien angeht, in der Regel ungefähr zwei, drei, manchmal fünf Jahre zurück. Was Elektrofahrzeuge angeht auf Weltniveau. Das war ja die große Überraschung vor zwei bis drei Jahren, dass die Chinesen hier eine solch ausgereifte Technologie hier selber entwickelt und zur Verfügung haben. Man muss natürlich bedenken, China wächst nach wie vor auch im Energiekonsum.
China wird seinen Energiekonsum bis 2020 noch mal verdoppeln. Die Kohlevorräte in China reichen bis 2050 und 2070. Dann wird auch China sich überlegen müssen, was ist denn die nächste Generation und wie wollen wir denn dann unseren Energiebedarf decken."
Gerd Möhrke rechnet die Klimabilanz des Elektroantriebs vor: Vom Kraftwerk bis auf die Straße bleiben rund 30 Prozent übrig, ähnlich wie beim Verbrennungsmotor. Das mag unterm Strich keinen großen Unterschied machen. Aber in China schon, wo die Metropolen in Abgasen ersticken:
"Ich glaube, die Chinesen werden so wie das bei den Mopeds und Motorrädern der Fall war, regional und in Ballungszentren Fahrverbote aussprechen, wo man sagt, hier darf eben nur in emissionsarmen Elektrofahrzeugen oder Gasfahrzeugen gefahren werden. Es ist ein kleiner Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität in den großen Städten. Es ist aber nicht die Lösung der Energieproblematik, die China hat."
Noch hängt China zu über 70 Prozent an der Kohle. Trotz aller Pläne, Wasser, Wind, Sonne, Biomasse zu fördern - aber auch Kernkraft, was in den Augen der chinesischen Regierung eine emissionsfreie Energie ist. Die Elektromobilität war im Sommer das Kernthema beim Shanghai-Besuch von Bundesforschungsministerin Annette Schavan. In der Tongji-Universität – der einstigen Wirkungsstätte von Minister Wan Gang – eröffnete sie ein deutsch-chinesisches Forschungszentrum für E-Motoren. Ein wichtiges Projekt für die Zukunft der Elektromobilität in Deutschland, sagt Annette Schavan:
"Die Chinesen haben früher begonnen. Sie setzen auf parallele Erforschung unterschiedlicher Abtriebssysteme. Sie sind ungewöhnlich konsequent und haben einen guten Zugang zu den großen Automobilfirmen weltweit, mit denen wir auch zusammenarbeiten und deshalb bringt die Kooperation für beide Seiten einen Mehrwert."
"Dieser Wagen fährt sich sehr gut. Die Kunden mögen die E-Taxis. Sie sehen hochwertig aus, sind bequem und geräumig. Allerdings sind sie vielen Leuten noch unbekannt. Wer nicht die Nachrichten verfolgt, der hat oft überhaupt keine Ahnung. Viele Leute glauben zunächst, dass ich ein Feuerwehrauto oder ein Taxi aus Hongkong fahre."
Aber Luo hat für seine Passagiere die passenden Antworten parat: Etwa dass jede Fahrt ein Viertel billiger ist als normal, weil Elektroautos nicht mit Benzinsteuer belegt werden. Doch eins muss Fahrer Luo zugeben:
"Es gibt noch nicht viele Stationen fürs Aufladen der Batterie. Dies wird sich ändern, dann verbessert sich vieles. Heute ist es so: Nur wenn ich morgens losfahre, kann ich garantiert jeden Passagier ans Ziel bringen. Nachmittags muss ich oft erklären, dass wir vielleicht nicht sonderlich weit kommen werden."
Unsere E-Taxis schaffen am Stück 300 Kilometer, und das auch nur im Laborversuch, räumt Gui Tianjiao ein, Manager der Taxifirma von Shenzhen.
"Wenn wir in Zukunft die Batterie austauschten, wären wir in der Lage, E-Autos wie heute an Tankstellen schnell laden zu können. Die Stadtregierung von Shenzhen plant ein Netz solcher Stationen. Elektroautos sollen ihre Batterien überall in der Stadt austauschen können."
Dazu wäre absolute Präzision notwendig, denn die Batterien wiegen 300 Kilo und mehr. Gui Tianjiao plant, auf Dauer all seine herkömmlichen Taxis gegen Elektroautos auszutauschen. Mit umgerechnet 6000 Euro wird er bei jedem Wagen von der Regierung unterstützt.
Noch nie war eine Automesse in China so grün angehaucht wie jene im Frühjahr in Peking. Weltkonzerne überboten sich in leidenschaftlichen Bekenntnissen, energiesparende, schadstoffarme Fahrzeuge bauen zu wollen. Volkswagen widmete dem Thema gar eine ganze Abendgala. Höhepunkt: Der Auftritt von Konzernchef Martin Winterkorn.
Genau das ist die Botschaft, die der chinesische Forschungsminister Wan Gang hören will:
"Solche Partnerschaften tragen viel zum Fortschritt bei. Wir sehen, wie sich Volkswagen, BMW und Mercedes am chinesischen Markt für Elektroautos engagieren. Sie werden dabei von unserer Regierung unterstützt. Elektro-Autos sind ein sehr wichtiger Teil der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China."
Der Minister könnte solche Sätze ebenso gut auf Deutsch sagen. Wan Gang hat an der TU Clausthal promoviert und neun Jahre bei Audi in Ingolstadt gearbeitet. Seine Prognose für Chinas Elektroautos ist kühn.
Anderthalb Millionen Elektroautos in fünf Jahren – die Chinesen haben ein ehrgeizigeres Ziel als die Bundesregierung. Forschungsminister Wan Gang kennt die lange Geschichte westlicher Versuche in alternativen Antriebstechniken aus seiner Zeit in Deutschland sehr genau. Er weiß, dass es den großen Autobauern in drei Jahrzehnte nicht gelungen ist, ein wirklich markttaugliches E-Modell zu entwickeln. Zu hoch die Preise für den Autokäufer, zu unpraktisch das Wiederaufladen der Batterien. Bis heute sind das die Hauptprobleme. Die Chinesen versuchen nun, sie auf ihre Art zu lösen. Deshalb holte Peking Wan Gang, den Autoexperten, vom Chefsessel der Tongji-Universität in Shanghai weg und in die Regierung. Obwohl er kein Mitglied der kommunistischen Partei ist. Wan Gang erklärt:
"2009 hat die chinesische Regierung einen Plan aufgelegt, wie die Zahl von Elektrobussen und Taxis erhöht werden kann. Auf dem Gelände der Weltausstellung in Shanghai fuhren 500 Elektroautos und rund um das Gelände waren 500 Hybridfahrzeuge im Einsatz. Einen ähnlichen Plan wollen wir in 20 Städten umsetzen. Dort werden Elektroautos im öffentlichen Nahverkehr eingeführt."
Ein E-Mobil kostet in China derzeit rund 30.000 Euro – viel zu viel für den Normalverbraucher. Das findet auch der Partner im Taxiversuch von Shenzhen, der Batterie- und Autobauer BYD. Diese Abkürzung steht für Build Your Dreams, mach deine Träume wahr. Aber noch kann keine Rede davon sein, dass BYD seinen Traum Massenproduktion wahrmachen kann. Den Start hat die Firma immer wieder verschieben müssen. Dennoch ist BYD-Chef Wang Chuanfu die Symbolfigur der grünen Wende in der chinesischen Industrie. Im September präsentierte er in Changsha seinen neuen Elektro-Bus:
"Wenn wir über die Verringerung von Emissionen und Klimaschutz reden, geht es normalerweise um Privatautos. Wir vergessen die Busse. Aber ein einziger Bus stößt so viele Schadstoffe aus wie 30 Pkw. Ohne saubere Busse kann es keinen sauberen Straßenverkehr geben."
Für seinen neuen E-Bus bekam Wang Chuanfu viel Beifall von seinem Großinvestor Warren Buffet, der zehn Prozent an BYD hält. Auch Bill Gates war nach Changsha gereist:
"Was sehr aufregend hier in Changsha und in der Partnerschaft mit BYD ist: Die Chinesen waren phänomenal erfolgreich mit Massenproduktion zu niedrigen Kosten. Aber was wir hier sehen im Bau von Elektrobussen ist Innovation, etwas, das es nirgendwo sonst gibt. Das ist sehr wichtig für die Weltwirtschaft, die Umwelt."
BYD ist eine junge Firma: Gegründet 1995 als Hersteller von Batterien, rollte sie schnell den Weltmarkt auf. Ging an die Börse. Und begann vor sieben Jahren, auch Autos zu bauen. Seit der chinesische Staat die Elektromobilität puscht, ist BYD ein begehrter Partner. Zunächst unterzeichnete Volkswagen im Frühjahr 2009 eine Absichtserklärung auf Zusammenarbeit. Über Details schwiegen sich beide Partner aber aus. Nicht so Mercedes Benz. Im Frühjahr 2010 unterzeichneten die Stuttgarter ebenfalls einen Vertrag mit BYD. Ziel: Gemeinsam ein E-Fahrzeug zu bauen. Ein Coup für Mercedes-Chef Dieter Zetsche.
Wenn Henry Chen an diese Partnerschaft denkt, muss er grinsen. Chen hat 20 Jahre in den USA gelernt, was ein cleverer Deal ist. Als sein Bruder zum erfolgreichsten Solarunternehmer in China aufstieg, kehrte auch er zurück. Und gründete in Changzhou seine eigene Firma: Jiangsu E-Motors:
"BYD ist eine sehr interessante Firma. Jeder redet über BYD als Symbol für Elektroautos. Der Chef Wang Chuanfu ist ein schlauer Typ. Er redet schon so lange über dieses Konzept. Aber wir haben noch kein Elektroauto von BYD am Markt gesehen. Dafür aber umso mehr herkömmliche Wagen von BYD. Wang benutzt den alternativen Antrieb, um seine Marke bekannt zu machen. Es ist schon so: Seit die Regierung Elektroautos fördert und Milliardenbeträge ausgibt, wird dieser Markt richtig heiß. Aber die chinesische Kultur beinhaltet leider auch, dass viele Leute nur viel reden, um an Förderung ranzukommen. Echte Bemühungen sieht man kaum."
Er selbst sei anders, sagt Henry Chen. Er wolle zum Wohl der chinesischen Gesellschaft beitragen. Deshalb seine Rückkehr aus Amerika. In einem Jahr will er sein erstes E-Mobil auf den Markt bringen. Als Testfeld sieht er auch Nordrhein-Westfalen, er habe mit Regierungsvertretern aus NRW gesprochen.
"Der Wagen darf nicht mehr kosten als umgerechnet 10.000 Euro. Die Reichweite wird 150 Kilometer sein. Damit kann man drei Tage auskommen. Es soll ein Zweitwagen für die Familie sein. Wenn die Ehefrau in der Stadt Einkaufen fährt oder die Kinder abholt. Das ist ein sehr bequemes Konzept, passend für Elektroautos."
Henry Chen wird von der Stadt Changzhou massiv unterstützt. Für sein Werksgelände muss er drei Jahre lang keine Miete zahlen. Seine ersten Busse darf er als Shuttle bei regionalen Sportwettkämpfen testen. Auch deutsche Autobauer folgen neuerdings dem chinesischen Weg.
Gerd Möhrke ist Experte für alternative Antriebe bei der Unternehmensberatung Management Engineers in Shanghai. Ihn beeindruckt, was die Chinesen derzeit leisten:
"Sagen wir mal so, China ist, was Technologien angeht, in der Regel ungefähr zwei, drei, manchmal fünf Jahre zurück. Was Elektrofahrzeuge angeht auf Weltniveau. Das war ja die große Überraschung vor zwei bis drei Jahren, dass die Chinesen hier eine solch ausgereifte Technologie hier selber entwickelt und zur Verfügung haben. Man muss natürlich bedenken, China wächst nach wie vor auch im Energiekonsum.
China wird seinen Energiekonsum bis 2020 noch mal verdoppeln. Die Kohlevorräte in China reichen bis 2050 und 2070. Dann wird auch China sich überlegen müssen, was ist denn die nächste Generation und wie wollen wir denn dann unseren Energiebedarf decken."
Gerd Möhrke rechnet die Klimabilanz des Elektroantriebs vor: Vom Kraftwerk bis auf die Straße bleiben rund 30 Prozent übrig, ähnlich wie beim Verbrennungsmotor. Das mag unterm Strich keinen großen Unterschied machen. Aber in China schon, wo die Metropolen in Abgasen ersticken:
"Ich glaube, die Chinesen werden so wie das bei den Mopeds und Motorrädern der Fall war, regional und in Ballungszentren Fahrverbote aussprechen, wo man sagt, hier darf eben nur in emissionsarmen Elektrofahrzeugen oder Gasfahrzeugen gefahren werden. Es ist ein kleiner Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität in den großen Städten. Es ist aber nicht die Lösung der Energieproblematik, die China hat."
Noch hängt China zu über 70 Prozent an der Kohle. Trotz aller Pläne, Wasser, Wind, Sonne, Biomasse zu fördern - aber auch Kernkraft, was in den Augen der chinesischen Regierung eine emissionsfreie Energie ist. Die Elektromobilität war im Sommer das Kernthema beim Shanghai-Besuch von Bundesforschungsministerin Annette Schavan. In der Tongji-Universität – der einstigen Wirkungsstätte von Minister Wan Gang – eröffnete sie ein deutsch-chinesisches Forschungszentrum für E-Motoren. Ein wichtiges Projekt für die Zukunft der Elektromobilität in Deutschland, sagt Annette Schavan:
"Die Chinesen haben früher begonnen. Sie setzen auf parallele Erforschung unterschiedlicher Abtriebssysteme. Sie sind ungewöhnlich konsequent und haben einen guten Zugang zu den großen Automobilfirmen weltweit, mit denen wir auch zusammenarbeiten und deshalb bringt die Kooperation für beide Seiten einen Mehrwert."