Neu im Kino: "Taxi Teheran"

Mit versteckter Kamera durch Teheran

Der iranische Regisseur Jafar Panahi im Porträt
Der iranische Regisseur Jafar Panahi © AFP / Atta Kenare
Von Jörg Taszman |
Für seinen neuen Film ist der iranische Regisseur Jafar Panahi selbst ins Taxi gestiegen - um seine Fahrgäste mit kleinen, feststehenden Kameras zu filmen. Ein wirklich sehenswertes Werk, das Einblick in eine verschlossene Welt gibt.
Der Goldene Bär für den unter Berufsverbot stehenden Regisseur war sicher auch eine politische Entscheidung. Aber als Zuschauer und Laie erfährt man in diesem anderen Road Movie viel über die heutige, iranische Gesellschaft und ihre Tabus.
Der Regisseur selbst fährt Taxi. Er filmt seine Fahrgäste mit kleinen, feststehenden Kameras. Zu Beginn streiten ein männlicher Fahrgast und eine Lehrerin über die Todesstrafe. Sie nimmt den liberal-humanistischen Standpunkt ein. Er steht für die islamistische Auslegung der Scharia und meint, man solle alle Diebe gleich hinrichten. Als er aussteigt, behauptet er dann jedoch, selbst Straßenräuber zu sein. Spätestens bei diesen ironischen Brüchen wird klar, wir sind in diesem heimlich aus dem Iran herausgeschmuggelten Film in einer Fiktion und keiner Doku. Allerdings kann es sich Jafar Panahi nie ganz verkneifen, den Zuschauer aufzuklären. Und so muss die Lehrerin dann auch beispielsweise die druckreife Schlagzeile aufsagen: "Der Iran richtet nach China die meisten Menschen hin".
Die Absurdität der iranischen Filmzensur
Den emotionalen und humoristischen Höhepunkt erreicht "Taxi Teheran", wenn die Nichte des Regisseurs das Taxi besteigt. Sie ist die beste Schauspielerin des mit nur 82 Minuten kurzweiligen Teheran-Porträts. Die Kleine kommt gerade aus der Schule und soll einen Kurzfilm drehen. Die Lehrerin hat den Schülern jedoch strenge Auflagen erteilt, die wohl 1:1 die Absurdität der iranischen Filmzensur dokumentieren. So dürfen sich Männer und Frauen im Film nie berühren. Positive Helden haben keine Krawatten zu tragen und "Schwarzmalerei" ist ganz verboten.
Es ist durchaus bewundernswert wie sich Jafar Panahi, der 2010 zu sechs Jahren Gefängnis, Berufs- und Interviewverbot verurteilt wurde, immer wieder filmisch wehrt. Bei aller Repression scheint das Regime dies jedoch trotz aller lauten Proteste, leise zu tolerieren. Immerhin wird der Regisseur nicht so streng überwacht, dass er diese Filme nicht drehen kann. Der internationale Erfolg ist dabei durchaus hilfreich. Selbst wenn man sich als Betrachter hier und da manipuliert fühlt, sind es vor allem die absurden Widersprüche eines autoritären Regimes im Wandel, die "Taxi Teheran" zu einem wirklich sehenswerten Werk machen.

Taxi Teheran
Iran 2015; 82 Minuten, Regie: Jafar Panahi

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