"Marie Curie"
Deutschland/Frankreich/Polen 2016; Regie: Marie Noëlle
Mit: Karolina Gruszka, Arieh Worthalter, Charles Berlin, Izabela Kuna, Samuel Finzi
Länge: 100 Minuten; FSK: ab 6
Eine Feministin, die Grenzen sprengte
Das Biopic konzentriert sich auf die Zeit zwischen 1903 und 1911. In jenen Jahren erhielt Marie Curie den Nobelpreis für Physik, verlor ihren Ehemann und begann eine leidenschaftliche Affäre mit einem Kollegen. Doch diese nimmt im Film zuviel Raum ein.
Bei ihrem biografischen Film über die große polnische Wissenschaftlerin Marie Sklodowska Curie konzentriert sich die französische Regisseurin Marie Noëlle auf die wissenschaftlich erfolgreichsten und persönlich dramatischsten Jahre zwischen 1903 und 1911, den Jahren, in denen sie ihren ersten und zweiten Nobelpreis erhielt.
Der Film beginnt mit einem Brief ihrer Mutter, die sie bittet, doch in ihre Heimat Polen zurückzukehren, wo sie als Tochter eines Mathematik-und Physiklehrers geboren wurde. Der Film nutzt Briefe und Tagebucheintragungen, um das menschliche Umfeld dieser herausragenden Frau zu zeichnen. So muss der Zuschauer nicht befürchten, mit wissenschaftlichen Fakten überfordert zu werden.
Ihre Erfolge an der Seite ihres Mannes Pierre Curie (Charles Berlin) spiegelt der Film durch die Bewunderung des engen Freundes- und Kollegenkreises. Wir lernen Marie Curie als hingebungsvolle Mutter und liebende Frau kennen, die trotz ihres immensen Arbeitspensums im Labor auf einem Pariser Hinterhof ihre Familie zusammenhält.
Wissenschaftlerin und Kämpferin
Dass sie nicht nur eine ehrgeizige Wissenschaftlerin, sondern eine Kämpferin ist, erfahren wir, als ihr Ehemann nach einem Unfall stirbt. Marie Curie will nicht nur die gemeinsame Forschung weiterführen, für die sie beide den Nobelpreis in Physik bekamen, sie will ihrer Kompetenz gemäß auch einen Lehrstuhl an der von alten Männern geführten Sorbonne. Das gelingt ihr auch dank der Unterstützung der berühmtesten Wissenschaftler ihrer Zeit wie Albert Einstein.
Dann aber sprengt die frühe Feministin Marie Curie alle Grenzen, die einer Frau im frühen 20. Jahrhundert gesetzt waren. Sie beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit ihrem verheirateten Kollegen Paul Langevin (Arieh Worthalter), die sie fast alle Reputation gekostet hätte.
Ist die Filmbiografie bis dahin eine lose, fast impressionistische und sehr schön ausgestattete Studie des Pariser Lebens in dieser Zeit, die mit warmen Tönen trotz distanzierter Kamera Nähe erzeugt, wird das Filmporträt jetzt sehr intim und zeigt eine Frau, die ihre wahre Bestimmung in diesem Liebesnest gefunden zu haben scheint.
Das stellt nicht nur das harmonische Bild der Curies infrage, sondern sät auch Zweifel, was die Quellenlage angeht. Weil diese Episode in bisherigen Filmbiografien immer ausgeblendet blieb, erhält sie jetzt zu viel Gewicht.
Glanzpunkt des Filmes aber ist seine herausragende Besetzung, vor allem mit der Polin Karolina Gruszka. Sie spielt Marie Curie so lebendig und eindringlich, das sie den Zuschauer einfach verzaubert.