Neu im Kino: "Hacksaw Ridge"

"Ich bin kein Freund von blutrünstigen Filmen"

Desmond T. Doss (Andrew Garfield) mit Helm und Kampfanzug im Schützengraben
Der Pazifist Desmond T. Doss (Andrew Garfield) ist der Held des WWII-Films "Hacksaw Ridge" von Regisseur Mel Gibson © imago/Zumba Press
Jens Mohr im Gespräch mit Gesa Ufer · 26.01.2017
Der Film "Hacksaw Ridge" von Mel Gibson erzählt von einem Pazifisten, der unbewaffnet in den Zweiten Weltkrieg zieht und über 70 Menschen rettet. Der Sanitäter ist gläubiger Adventist des Siebenten Tages. Jens Mohr, Sprecher dieser Gemeinde in Deutschland, lockt der Film nicht ins Kino.
Gesa Ufer: Ist dieser Film eine gelungene PR-Kampagne für Ihre Religionsgemeinschaft?
Jens Mohr: Auf der einen Seite freuen wir uns natürlich, dass hier ein Film entstanden ist, der das Leben und auch die Einstellung von unserem Mitglied Desmond Doss, der 2006 schon gestorben ist, gut wiedergibt und zeigt, unter welchen krassen Umständen jemand bereit ist, auf sein Gewissen zu hören und seinen Glauben in die Tat umzusetzen. Auf der anderen Seite hat Mel Gibson sicher nicht unsere Kirche im Blick gehabt, die er promoten wollte. Wir sind auch gegen das, was man da sieht: Wir sind eine Kirche für den Frieden und keine Kirche für Gewalt, Krieg und Gemetzel.
Ufer: Teile ihrer freikirchlichen Gemeinde empfehlen den Film ausdrücklich und stellen auch den Trailer auf ihre Webseiten. Warum wollen Sie sich den Film nicht anschauen?
Mohr: Das ist meine persönliche Meinung. Ich bin kein Freund von blutrünstigen Kriegsfilmen. Aber das steht natürlich jedem Adventisten frei, ob er sich das anschaut. Der Film ist in Deutschland ohnehin erst ab 16 Jahren freigegeben.

"Hacksaw Ridge" - USA 2016
Regie: Mel Gibson
140 Minuten, FSK: ab 16
Mit: Andrew Garfield, Vince Vaughn, Teresa Palmer

Und das sagt unsere Kritikerin Anke Leweke zu dem Film:
Kann man in den Krieg ziehen und doch Pazifist bleiben? Mel Gibson erzählt die "wahre" Geschichte von Desmond Doss. Der junge Amerikaner wächst in Virginia auf, ist strenggläubiger Christ. Als der gewalttätige Vater brutal auf die Mutter einschlägt, bringt er diesen mit einer Waffe zur Ruhe. Ein Vorfall, der Desmond traumatisiert, weil er gegen seinen eigenen Moralkodex gehandelt hat.
Danach schwört er sich, nie wieder eine Waffe in die Hand zu nehmen. Auch nicht, als er sich freiwillig zum Kriegsdienst meldet. Mel Gibson zeigt den beharrlichen Kampf eines Pazifisten, der sich seinem Land dennoch verpflichtet fühlt und seinen Platz in der Armee als Sanitäter sieht. Während der Ausbildung und an der Front in Japan wird Desmond seinen Prinzipien treu bleiben - und gerade dadurch das Leben vieler Kameraden retten.
Desmond Doss mag ein Held gewesen sein, doch wenn man ihn zu sehr als solchen feiert, blendet man nicht die Schrecken und Mechanismen eines Krieges aus? Diesen Krieg bebildert Mel Gibson ausführlich, in einer fast 20-minütigen drastischen und sehr expliziten Schlachtszene. Muss man wirklich soviel Blut auf der Leinwand verspritzen, um der Geschichte von Desmond Doss gerecht zu werden? Braucht es wirklich die dröhnende Tonspur, die realistischen Schreckensbilder von Blut, Schweiß und Gedärm? Desmond Doss war ein stiller Held, deshalb braucht es vielleicht gar nicht diesen lauten Film.
Filmkritik von Anke Leweke von "Jackie" und "Hacksaw Ridge" als MP3 .
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