Neu im Kino: "Einer von uns"

Im Teufelskreis von Diebstahl und Drogen

Regisseur Stephan Richter zeigt nach der Preisverleihung des 37. Filmfestival Max Ophüls Preis die Trophäe des Max Ophüls Preis 2016, den er für seinen Film "Einer von uns" gewonnen hat.
Regisseur Stephan Richter zeigt nach der Preisverleihung des 37. Filmfestival Max Ophüls Preis die Trophäe des Max Ophüls Preis 2016, den er für seinen Film "Einer von uns" gewonnen hat. © picture alliance / dpa / Oliver Dietze
Von Patrick Wellinski · 23.11.2016
Der Film basiert auf Tatsachen: Schrems, Österreich, zwei Jugendliche werden bei einem Einbruch in einen Supermarkt erschossen. "Einer von uns" ist ein Film über Polizeigewalt und über Perspektivlosigkeit von jungen Menschen.
"Einer von uns" basiert auf realen Tatsachen: 2009 brechen zwei Teenager in einen Supermarkt in der Nähe der österreichischen Stadt Krems ein. Einer von den beiden wird dabei von hinten erschossen - von einem Polizisten. Eine Tat, die in Österreich kontrovers quer durch alle Medien diskutiert wurde. Zulässige Polizeigewalt oder Überschreitung der Kompetenzen? Das sind Fragen, die die Justiz in Österreich mit den schießenden Polizisten erst sehr viel später verhandelte.
Dieses Verbrechen ist der Ausgangspunkt für Stephan Richters Debüt "Einer von uns". Es ist die stille und sehr genau beobachtete Rekonstruktion dieser Tat. Dabei interessiert Richter vor allem die Milieu-Studie. Er beobachtet sehr genau, was das für Teenager waren, zeigt ihre Perspektivlosigkeit, den Gruppenzwang und die vollkommene Unfähigkeit, sich aus dem Teufelskreis von Diebstahl und Drogen zu befreien. Diese Jungs – denn es sind vor allem Jungs – erscheinen allerdings nicht als hassenswerte Verbrecher. Richter schafft es, Empathie zu wecken. Die Gesellschaft findet keinen Platz für sie und so suchen sie sich eben einen eigenen.

Ausweglosigkeit der Figuren

Das gleiche gilt für die Seite der Polizisten. Sie funktionieren, arbeiten in routinierten Bahnen. Die vor dem Supermarkt herumlungernden Jungs kennen sie gut. Dennoch sind ihre Einsätze belastend und nicht immer ohne Gefahren. All diese Aspekte kulminierten wohl in der Unglücksnacht von 2009.
"Einer von uns" probiert, wie es Gus Van Sant bereits mit dem Columbine-Schulmassaker in "Elephant" gemacht hat, durch die Rekonstruktion der Tat die Ausweglosigkeit der Figuren in klare und kühle Bilder zu fassen. Ein zweifellos starker und gegenwärtiger Film, der sich mit Polizeigewalt und der Perspektivlosigkeit in der Mitte Europas auseinandersetzt.

Einer von uns
Drama, Österreich 2015
Regie: Stephan Richter
Darsteller: Jack Hodert, Simon Morzé, Andreas Lust, Christopher Schärf, u.a.
86 Minuten; FSK 12

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