Neu im Kino: "Adam und Evelyn"

Eine pastellene DDR

Adam (Florian Teichtmeister) versenkt sich in seine Nähkreationen, während Evelyn (Anne Kanis) in seinem Garten ein Mittagsschläfchen hält.
Adam (Florian Teichtmeister) versenkt sich in seine Nähkreationen, während Evelyn (Anne Kanis) in seinem Garten ein Mittagsschläfchen hält. © mm filmpresse / Alexander Schaak
Von Patrick Wellinski · 10.01.2019
"Adam und Evelyn" ist ein sommerlicher Film über das Wendejahr 1989, nach einem Roman von Ingo Schulze. Regisseur Andreas Goldstein ist nah an den Gefühlen seiner beiden Hauptfiguren und setzt in Bezug auf Filme über die DDR neue Maßstäbe.

Worum geht es?

Sommer 1989 in der DDR: Adam ist Damenschneider und kommt seinen Kundinnen immer wieder etwas näher, als es seiner Freundin Evelyn lieb ist. Sie hat genug von ihrem untreuen Freund und verlässt ihn, um mit Bekannten Urlaub in Ungarn zu machen. Doch Adam liebt Evelyn und reist ihr hinterher.
In Ungarn bekommen die beiden die Unruhen an der Grenze mit. Evelyn will in den Westen. Adam will bleiben. Das Paar muss sich immer heftiger mit der Festigkeit ihrer Beziehung am Vorabend des Mauerfalls auseinandersetzen.

Was ist das Besondere?

Andreas Goldstein ist ein herrlich luftiger und sommerlicher Film über das Jahr 1989 gelungen, der sich sehr wohltuend von den üblichen DDR-Darstellungen im Kino unterscheidet. Mal keine Kulissenschieberei, sondern die Hinwendung zu den Gefühlspanoramen der Figuren steht im Mittelpunkt.
Szene aus dem Film "Adam und Evelyn" von Andreas Goldstein. Zu sehen sind die Schauspieler Florian Teichtmeister, Lena Lauzemis, Anne Kanis und Milian Zerzawy
Szene aus dem Film "Adam und Evelyn" von Andreas Goldstein© Andreas Goldstein
Die biblische Anlage zwischen Adam und Evelyn, die schon Schriftsteller Ingo Schulze in der Romanvorlage sehr intelligent durchgespielt hat, entfaltet auf der großen Leinwand ihre ganz eigene Magie. Die DDR in Pastellfarben, sattes grünes Gras und Adams Garten als stilles, paradiesisches Refugium, in das die Weltpolitik des Kalten Krieges keinen Einlass erhält: Das sind visuelle und narrative Einfälle, die das deutsche Kino, wenn es die DDR darstellt, sonst kaum zustande bringt. Kombiniert mit den genialen Darstellern wird "Adam und Evelyn" zu einem sehr vergnüglichen und intelligenten Blick auf die deutsch-deutsche Geschichte.

Urteil

Anders als noch in Andreas Dresens "Gundermann", Bully Herbigs "Ballon" oder Florian Henckel von Donnersmarcks "Werk ohne Autor" gibt es bei Andreas Goldstein keine Hinwendung zum Ausstattungsrealismus. Seine DDR-Erzählung ist nah an den Gefühlen der Figuren und setzt damit auch eine emotionale Wahrhaftigkeit, die den meisten Filmen über diese Zeit fehlt. Man kann sich nur wünschen, dass viele Filmemacher diesem Beispiel folgen werden, denn "Adam und Evelyn" ist ein tolles Beispiel für frisches, modernes Kino, das keine Angst vor – im wahrsten Sinne des Wortes – weltbewegenden Themen hat.
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