’Ndrangheta in Deutschland

"Es wird nicht dauernd rumgeballert"

Vermummte Polizisten stehen in einem Eiscafé
Ermittler durchsuchten am Mittwochmorgen ein Duisburger Café, dass zur Mafia ’Ndrangheta gehört haben soll © Christoph Reichwein/dpa
Sandro Mattioli im Gespräch mit Nicole Dittmer · 05.12.2018
Die Mafia-Organisation ’Ndrangheta ist in Deutschland in fast allen Wirtschaftsbereichen aktiv. Nun hat es eine internationale Großrazzia gegeben. Die nennt der Mafia-Experte Sandro Mattioli "einen echten Schlag", der aber wirkungslos bleiben könnte.
Einen "echten Schlag" nennt der Mafia-Experte Sandro Mattioli die aktuellen Ermittlungen gegen die ’Ndrangheta. Am Mittwochmorgen hatten Hunderte Ermittler in Deutschland, Italien, den Niederlanden, Spanien und Belgien Wohnungen, Büros und Restaurants durchsucht. Allein in Deutschland wurden 14 Tatverdächtige gefasst. Darunter sollen auch Chefs unterschiedlicher ’Ndrangheta-Clans sein.
Doch Mattioli warnt auch: "Um so eine mächtige Organisation langfristig zu schwächen, braucht es mehr." In Deutschland müsse es so "mehr Finanzermittlungen, mehr Beschlagnahmungen und mehr Präventivmaßnahmen" geben. Dass es daran häufig noch fehle, erklärt Mattioli auch damit, dass der politische Wille fehle. Dass dieser wichtig sei, würden Ermittlungserfolge gegen islamistische Terrororganisationen zeigen. Deshalb fordert Mattioli: "Wir müssen in Deutschland umdenken und mehr Energie auf dieses Feld verwenden."

"Die Mafia kann sich das Geld nicht unter das Kopfkissen legen"

Seit mehr als zehn Jahren setzt sich Mattiolis Verein "Mafia? Nein Danke!" gegen mafiöse Strukturen in Deutschland ein. In dieser Zeit stellte er fest, dass in Deutschland die organisierte Kriminalität häufig unterschätzt werde. Und das vor allem, wenn diese von italienischen Clans betrieben werde. "Da wird nicht dauernd rumgeballert", sagt Mattioli. Zudem hätten viele Deutsche ein romantisiertes Bild der Mafia, in dem fröhliche, freundliche Gastwirte auftauchen, in dem es Dolce Vita gibt und die Mafia zur Folklore gehört.
Doch in Deutschland agiere die ’Ndrangheta längst in allen Wirtschaftsbereichen, in denen Geld verdient werden kann. Dazu gehören das Immobiliengewerbe, Restaurants und Hotels sowie der Handel mit Kokain oder Schwarzarbeitern. Die Mafia habe "auch neue Geschäftsfelder wie die erneuerbaren Energien schnell für sich entdeckt", sagt Mattioli. Dass tue die Mafia, da sie über immense Geldmengen verfüge, die sie investieren muss. Mattioli: "Die Mafia kann sich das Geld nicht unter das Kopfkissen legen."
(nsc)
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