Nato-Übung in Polen

Schwieriges Manöver

Nato-Übung in Zagan, Polen
Nato-Übung in Zagan, Polen © Deutschlandradio / Annette Riedel
Von Annette Riedel · 27.05.2016
Schneller, flexibler, schlagkräftiger - die Nato stellt sich auf neue Bedrohungsszenarien ein. Dass das Bündnis nun eine Übung im polnischen Zagan durchführt, gilt auch als Signal an Russland.
"Welcome to Zagan" - so begrüßt Oberstleutnant Markus Beck die Besucher. Er ist Pressesprecher des multinationalen Hauptquartiers Nord-Ost im polnischen Stettin, das in die Nato-Übung eingebunden ist. Die Nato will ihre Fähigkeit deutlich erhöhen, auf mögliche Bedrohungen schnell und flexibel, also: schlagkräftiger als bisher reagieren zu können - gerade an der Ost-Flanke des Bündnisses. Dementsprechend das Übungs-Szenario. Nicht ausgesprochen gegen Russland. Aber erklärt wegen Russland, dessen Annektierung der Krim und Involvierung in der Ost-Ukraine.
"Russland spielt keine Rolle in diesem Szenario. Es sind tatsächlich fiktive Länder, mit denen wir da üben."
Fiktive Länder, mit dem realen Gedanken an den schwer berechenbaren Nachbarn im Osten.
Der Bus nähert sich dem Schauplatz der Übung. Links und rechts: von Panzerketten zerpflügter Sandboden. Zwischen den lichten Baumreihen in Sichtweite: einzelne Panzer und Jeeps. Dann, aus dem Wald kommend, soweit das Auge reicht, eine sandig-heide-artige Brachfläche mit einigen flachen Hügeln.

Soldaten aus vier Nationen

Panzer, ein Hubschrauber, Geländewagen, Krankenwagen, drei Feuerwehren, überall Soldaten in Tarn-Uniformen. Insgesamt 2500 aus vier Nationen: Spanier, Albaner, Briten Polen.
Der Stabschef der polnischen Streitkräfte General Gocul sagt, was die Nato sich, was sie immer aber auch an die Adresse Moskaus signalisieren will: Mit uns ist zu rechnen.
"Wir demonstrieren damit den Willen und die Fähigkeit, uns an ein sich schnell verändernde Sicherheitsumfeld anzupassen."
Um diese Botschaft geht es vor allem bei dieser dritten von insgesamt vier groß angelegten Übungsszenarien, die das Bündnis mit Blick auf seinen Gipfel in Warschau in sechs Wochen aussenden möchte: Man kann bei Bedarf gemeinsam schnell, überall, gerade eben auch in den östlichen Nato-Ländern, verteidigungsbereit sein, sollte es ein Bedrohungsscenario geben.

Es wird mit scharfer Munition geschossen. Mörser-Granaten werden gegen einen fiktiven Feind abgeschossen. Soldaten der vier an der Übung beteiligten Länder rennen, robben, liegen in Position. Schießen gegnerische Pappkameraden um. Sichern das Gelände. Üben den Abtransport möglicher Verwundeter.
Panzer dröhnen über das Gelände. Mischen sich in die Kampfübung ein.
Nato-Übung in Zagan, Polen
Bestens getarnt: Nato-Soldaten in Zagan© Deutschlandradio / Annette Riedel

Die Nato will Präsenz zeigen

Die Nato ist ihrem Selbstverständnis nach ausschließlich defensiv, sagen alle Nato-Militärs immer wieder, auch an diesem Tage auf dem militärischen Übungsgelände von Zagan. Gerade hier in Polen, ähnlich wie in den baltischen Nato-Ländern, ist die Furcht vor möglichen Aggressionen aus Russland seit den Ereignissen in der Ukraine groß. Man wünscht - erwartet - Präsenz der Partner, sagt der polnische General.
"In der Ukraine und in Syrien, über der Ostsee - wir sehen, dass Polen alleine zweifellos mit dieser Art der Konfrontation nicht fertig werden würde."
Durch einen neuen Ansatz, der mit "Brilliant Jump" jetzt - sehr erfolgreich - heißt es, geübt wurde. Das bedeutete vor allem im Bedarfsfall, das schnelle Verlegen, ohne viel Vorlaufzeit von Vorauskommando, von Tausenden von Soldaten, wenn es sein muss, von Ausrüstung, Infrastruktur - zu Lande, zu Wasser und in der Luft - innerhalb weniger Tage.
Dieser britische Scharfschütze erklärt die Funktionsweise seiner Präzisionswaffe. Der Mann ist bis zur Unkenntlichkeit von Kopf bis Fuß zur Tarnung mit Fetzen, Fasern und Fransen behangen. Er und sein britischer Kamerad, Unteroffizier Vause, sind gemeinsame Einsätze mit Soldaten aus anderen Nato-Ländern, wie diesem hier in Zagan, gewöhnt. Kennen das. Schätzen es. Sehen, wenn überhaupt, geringe Verständigungsprobleme.
"Egal, wo sie herkommen, Soldaten haben alle einen ähnlichen Humor. Sie jammern generell über die gleichen Dinge: schlecht bezahlt, nicht genug zu essen, Waffe zu schwer. Wir tun alle schließlich das Gleiche, aus dem gleichen Grund."