Nationales RAI-Sinfonieorchester mit Robert Trevino

Deutsche Romantik in Turin

Das Nationale Sinfonieorchester der RAI im Toscanini Auditorium in Turin
Das Nationale Sinfonieorchester der RAI im Toscanini Auditorium in Turin © PiùLuce/RAI/EBU
Moderation: Volker Michael · 29.12.2020
Zwei Radiokonzerte dirigierte Roberto Trevino beim RAI-Sinfonieorchester. Schwerpunkt dabei war die Musik der Romantik: Schumanns Cellokonzert mit dem Solisten Kian Soltani und Mendelssohns 5. Sinfonie wie Antonín Dvořáks 7. Sinfonie.
Es ist eine ziemlich aktuelle Aufnahme aus dem norditalienischen Turin, das Sie an dieser Stelle erwartet. Das Nationale Sinfonieorchester der RAI, das einzige Orchester des Italienischen Rundfunks, erleben Sie mit dem Dirigenten Robert Trevino.
Er hat einen spanischen Nachnamen, ist aber US-Amerikaner mexikanischer Herkunft und hat zuletzt zwei Konzerte im Toscanini-Auditorium in Turin dirigiert.
Der Dirigent Robert Trevino
Der Dirigent Robert Trevino© Håkan Röjder/Website Robert Trevino
Publikum gab es bei diesen Konzerten nicht – aller Applaus stammt von den Musikerinnen und Musikern des Orchesters.
Robert Trevino ist derzeit Chefdirigent des Baskischen Nationalorchesters und des Malmö Symphonieorchesters. Der Solist Kian Soltani ist Österreicher aus Bregenz. Seinen Namen hat er von seinen iranischen Eltern, die ebenfalls Musiker sind.

Enge Bindungen an Europas Musikleben

Die Karriere Robert Trevinos begann so richtig 2013, als er am Moskauer Bolschoj-Theater für einen erkrankten Kollegen einsprang. Die Resonanz auf seine Arbeit war überwältigend. Bereits 2003 hatte Trevino in Wuppertal sein allererstes öffentliches Konzert dirigiert. Damals war er 20 Jahre alt. Seine Bindungen an Europa sind also durchaus eng. Inzwischen verfügt er über einen Exklusivvertrag mit dem finnischen Label Ondine.

Konzert aus bewegten Zeiten

Robert Schumann hat sein Cellokonzert in einer unruhigen Zeit komponiert – wenige Monate nach Beginn der bürgerlichen Revolutionen 1848. Die hatten ihn und seine Familie aus Dresden vertrieben. Das Werk in a-Moll ist eines der ersten und schönsten der Gattung.
Der Cellist Kian Soltani
Der Cellist Kian Soltani© Website Kian Soltani
Das Soloinstrument kann und soll singen in diesem Werk. Nicht virtuose Schaukunst, sondern Musikalität war dem Komponisten Robert Schumann wichtig. Was nicht heißt, dass sein Cellokonzert ein einfaches Werk wäre.
Jedes Mal neu austarieren müssen Solist und Orchester die Balance zwischen dem sparsam besetzten Orchester und dem Soloinstrument. Schumann beschreibt und erwartet in seinem Cellokonzert einen langen Bogen wie Atem.

Sakral und erhaben

Die Siebente Sinfonie von Antonín Dvořák folgte im Turiner Radiokonzert am 19. November dem Cellokonzert von Robert Schumann. Sie ist eine wirklich englische Sinfonie, obwohl erst die achte Dvořáks diesen Titel trägt und obgleich diese musikalisch viel böhmischer ist als die die Siebente in d-Moll-Sinfonie.
Doch Dvořák hat seine siebente Sinfonie für die Londoner Philharmonische Gesellschaft geschrieben und dort selbst auch uraufgeführt, und zwar im Jahr 1885. Dieses Werk ist sehr ebenmäßig und trotz seiner dunklen Tonart d-Moll eher ein ehrwürdig aufrechtes Musikstück. Von der Anlage ihrer Themen und deren Verarbeitung her erscheint Antonín Dvořák die Sinfonie eher musikdramatisch gedacht zu haben. Ihre Klangsprache wirkt aber doch recht klassisch und auch sakral.

Vergessenes Auftragswerk für Preußen

Felix Mendelssohn Bartholdy hat seine 5. Sinfonie 1830 komponiert - für die 300-Jahresfeier der Augsburger Konfession. In Preußen wollte man das feiern, Mendelssohn erwartete eine Aufführung seines staatstragend gedachten Stücks. Doch dazu kam es nicht, und die Uraufführung zwei Jahre später brachte ihm auch wenig Anerkennung.
Deshalb hat sie der Komponist zurückgezogen und nie veröffentlicht. Weshalb sie später als fünfte Sinfonie gezählt, obwohl sie als zweite komponiert wurde. Mit seinen herrlich erhebenden Themen verbindet Mendelssohn in diesem Stück religiöse Motive, das so genannte Dresdner Amen und ein gregorianisches Magnificat - und im letzten Satz taucht (natürlich!) Luthers Choral "Ein feste Burg ist unser Gott" vernehmbar auf.
Eigentlich sollte an dieser Stelle eine neue Produktion des Slowenischen Rundfunks aus Ljubljana erklingen. Doch das Programm hat dort pandemiebedingt nicht in der geplanten Form stattgefunden.
Arturo Toscanini RAI Auditorium, Turin
Aufzeichnungen vom 19. und 26. November 2020
Robert Schumann
Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll op. 129
Antonín Dvořák
Sinfonie Nr. 7 d-Moll op. 70
Felix Mendelssohn Bartholdy
Sinfonie Nr. 5 d-Moll op. 107

Kian Soltani, Violoncello
Nationales Symphonie-Orchester der RAI
Leitung: Robert Trevino

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