Nanoskopie

    Chemie-Nobelpreis geht nach Deutschland

    Stefan W. Hell trinkt in Göttingen bei einer kleinen Feier mit seinen Mitarbeitern ein Glas Sekt.
    In Sektlaune: Stefan Hell feiert seinen Preis. © picture alliance / dpa / Swen Pförtner
    Von Tim Krohn · 08.10.2014
    Das Mikroskop zeigt vor allem eines: Dass es dort, wohin man schaut, noch viel mehr zu sehen gibt. Stefan Hell und zwei amerikanische Forscher haben unabhängig voneinander ein Verfahren entwickelt, mit dem man noch kleinere Dinge sichtbar machen kann. Alle drei werden dafür nun mit dem Nobelpreis geehrt.
    Um halb zwölf heute Mittag klingelte bei Stefan Hell das Telefon. Es war ein Auslandsgespräch aus Schweden.
    "Ich war völlig überrascht. Ich konnte das gar nicht glauben. Aber zum Glück hatte ich die Stimme von Staffan Normark gleich erkannt. Trotzdem: es hat etwas gedauert, bis ich das alles realisiert habe."
    Staffan Normark, der Anrufer aus Stockholm, hatte Hell gerade erzählt, dass er den Chemie-Nobelpreis bekommt. Dann legte Normark auf und verkündete den Namen aus Deutschland auch ganz offiziell.
    Der Mann aus Tyskland, 51 Jahre alt, in Rumänien geboren, ist der erste deutsche Chemie-Nobelpreisträger seit sieben Jahren. Er teilt sich die Auszeichnung mit den beiden US-Amerikanern Eric Betzig und William Moerner.
    Alle drei kommen eigentlich aus der Physik. Sie haben (an verschiedenen Unis und mit verschiedenen Methoden) ein Verfahren entwickelt, wie man auch die winzigsten Dinge noch sichtbar machen kann. Das Nobel-Komitee spricht von dem entscheidenden Fortschritt von der Mikroskopie zur Nanoskopie.
    "Seit der Erfindung des Mikroskopes war es der immer gleiche Wettbewerb. Wir sehen eine Menge Dinge. Aber wir sehen auch, dass es noch viel mehr zu sehen gibt."
    Sie haben geschafft, was als unmöglich galt
    Sven Ledin vom Nobel-Institut beschreibt ein altes Dilemma. Das Mikroskop macht so vieles sichtbar, aber eben nicht alles. Um zu zeigen, was er damit meint, reißt sich Professor Ledin sogar ein Haar aus.
    "Ein einziges menschliches Haar ist in etwa 100 Mikrometer dick. Das ist 500 mal größer als das, was man sich mit einem herkömmlichen Mikroskop betrachten kann. Die meisten Elemente bei chemischen Prozessen sind aber viel viel kleiner. Erst die Arbeit der Preisträger hat es uns ermöglicht, kleinste molekulare Prozesse in Echtzeit zu studieren."
    Hell und seine Kollegen haben das geschafft, was früher als unmöglich galt: Sie haben superauflösende Fluoreszenz-Mikroskope entwickelt, die nur mit einem Bruchteil der bis dahin üblichen Lichtwellenlängen bestens funktionieren. Die menschliche Zelle mit all ihren chemischen Prozessen ist sichtbar geworden.
    Hell: "Das ist sehr wichtig, um zu verstehen , wie eine Zelle arbeitet und zu begreifen, was denn schief läuft, wenn so eine Zelle beschädigt ist."
    Genau das, was Stefan Hell hier beschreibt, ist der große Nutzen der Nanoskopie: Wer mehr sieht, kann auch Krankheiten besser erforschen.
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