Naher Osten

Begegnungen zu groß für TV-Beiträge

Erdöltanks bei Yanbu in Saudi-Arabien.
Erdöltanks in Saudi-Arabien: Überall im Nahen Osten hat der Journalist Thomas Aders Menschen getroffen. © picture alliance / dpa / Mehmet Biber
Thomas Aders im Gespräch mit Nana Brink  · 13.03.2015
Der ARD-Korrespondent Thomas Aders will in seinem Buch "Allah ist groß, die Hoffnung klein" von den Begegnungen mit eindrucksvollen Menschen im Nahen Osten einmal ausführlicher erzählen als im Fernsehen.
Auf den Spuren des IS in Syrien, unterwegs in Ägypten, Saudi-Arabien oder dem Irak - als ARD-Korrespondent berichtet Thomas Aders seit 1993 aus dem Nahen Osten. Seine Beiträge über Menschen, ihre Schicksale und ihre Lebenswelt dauern im Fernsehen maximal zwei Minuten und dreißig Sekunden. Erstmals erzählt er in seinem neuen Buch: "Allah ist groß, die Hoffnung klein" ausführlich von bewegenden und grausamen Momenten, die jenseits des Nachrichtenalltags stattfinden.
23 Jahre im Kinderzimmer versteckt
Es war vor allem die Begegnung mit einer Familie im Irak, die ihn dazu bewegte: "Das war einer der Hauptanlässe, dass ich mir Gedanken gemacht habe darüber, dass ein Tagesthemenbeitrag mit einer Länge von 2:30 über eine Familie, die 23 Jahre ihre Familie versteckt hat vor dem Geheimdienst, einfach zu kurz ist", sagte Aders im Deutschlandradio Kultur. Die Mutter der Familie habe versteckt ihre beiden Söhne in der irakischen Hauptstadt Bagdad ab 1980 im Kinderzimmer vor dem mordenden Regime Saddam Husseins versteckt. Erst 2003 nach dem Sturz des Regimes konnten sie ihr Haus wieder verlassen.
Die Geschichte war zu groß für einen TV-Beitrag
Aders war dabei, als sie auf die Straßen gingen, zunächst taumelnd angesichts der vielen Eindrücke, die nichts mehr mit ihrer kindlichen Lebenswirklichkeit zu tun hatten. "Wir waren also die ersten, die nach 23 Jahren der Hölle in einem Kinderzimmer dabei waren, als sie auf die Straße hinaus gingen", erinnerte sich der Journalist. "Ich hatte den Eindruck, diese Geschichte war zu groß für uns." Es sei zwar gut gewesen, darüber in den Tagesthemen zu berichten und er sei stolz darauf gewesen, aber sie sei gleichzeitig zu bedeutend für so einen Fernsehbeitrag gewesen. "Es hatte eine solche Dimension, diese eine Geschichte, dass ich immer gedacht habe, das ist einfach unglaublich, was mir damals da passiert ist." Es gebe eine Reihe solcher Geschichten, die er in dem Buch einmal ausführlicher habe schildern wollen.
Aders lässt in seinem Buch Augenblicke der Recherche aufleben, die sich mit der Kamera kaum einfangen lassen. Die Erzählungen führen an zahlreiche entlegene Orte - auf einen Dorfplatz im Südsudan, in die weltgrößte Molkerei in Saudi-Arabien oder in ein Krankenhaus im Jemen. Sie lassen Unterstützer von Baschar al-Assad in Syrien oder fastende Muslimbrüder in Kairo zu Wort kommen.

Thomas Aders: "Allah ist groß, die Hoffnung ist klein. Begegnungen im Nahen Osten"
Hoffmann und Campe, 20 Euro