Nachwuchsförderung

Neue deutsche Golf-Elite

Das Gelände des Golf- und Land-Clubs Berlin-Wannsee.
Das Gelände des Golf- und Land-Clubs Berlin-Wannsee. © picture alliance / dpa / Arno Burgi
Von Peter Marx · 16.08.2015
Als sich der 14-jährige Hannes in seiner frühen Kindheit dazu entschied, mit Fußball aufzuhören, um sich komplett dem Golfspielen zu widmen, konnten seine Freunde das nicht verstehen. 20 bis 30 Stunden pro Woche trainieren Jugendliche auf den Bahnen des Golfclub Berlin-Wannsee.
Die Kinder auf den Golfbahnen, zwischen zehn und zwölf Jahre alt, üben mit Holz 1, dem Driver: Der längste und größte Schläger. Die weißen Bälle fliegen fast 150 Meter weit; die Mädchen aus der ersten Bundesliga-Mannschaft schaffen sogar 200 Meter - und noch einige Meter mehr. Man denkt: Das soll schwer sein? Und macht den ersten Fehler: Golf als Sport zu unterschätzen.
Der 14-jährige Hannes sagt dazu:
"Golf ist ein besonderer Sport, weil man ihn nie kann. Man hat nie ausgelernt im Golf. Beim Golf muss man die ganze Zeit mit dem Kopf arbeiten. Es ist schwieriger als beim Fußball oder Tennis."
Hannes zockt - um die Ehre. Sechs, sieben Jugendliche versuchen aus drei, fünf, acht Metern den Ball ins Loch zu spielen, zu putten, wie es richtig heißt. Hannes hat Handicap -4,8, seine Trainingspartner sind nicht schlechter. Das ist Meisterklasse. Nur wenige der insgesamt 650.000 Mitglieder des deutschen Golfverbandes schaffen ein einstelliges Handicap. Das ist sowas wie die Kennzahl, die die Spielstärke beschreibt. Die Bandbreite liegt in Deutschland zwischen etwa +5 (beste Amateurspieler) und -54 (Anfänger).
"Golf hat mir deutlich mehr Spaß gemacht"
Hannes lacht darüber. Er spielt seit fünf Jahren. Alles fing an, als der Vater ihn mit zum Golftraining nahm. Bei Benedikt, Handicap minus 3,8, ging die Mutter Golfen und er mit:
"Ich habe früher auch Fußball gespielt. Aber ich muss ehrlich sagen, dass mir Golf deutlich mehr Spaß gemacht hat. Und dadurch habe ich mich entschieden mit Fußball aufzuhören und Golf zu spielen. Meine Freunde konnten das gar nicht verstehen, dass ich das mache, weil die Golf als Sport gar nicht wahrgenommen haben."
Miriam Hiller beobachtet von der Clubhaus-Terrasse das Spiel der Jugendlichen. Sie ist die Koordinatorin für Jugend und Leistungssport, verantwortlich dafür, dass die Mannschaften genügend Nachwuchs erhalten. 250 Jugendliche betreut die ehemalige Nationalspielerin:
"Die Zielsetzung ist bei uns sehr, sehr hoch. Wir spielen mit den Damen in der ersten Bundesliga und mit den Herren aktuell noch in der zweiten, aber wenn der Aufstieg perfekt ist. Das heißt wir spielen wirklich dann hochklassig. Und genau dafür bilden wir den Nachwuchs aus. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, wirklich eigene Spieler auszubilden und deswegen sind die auch so früh bei der Sache dabei."
"Absprungquote bei den Mädchen höher"
20 bis 30 Stunden pro Woche trainieren die Jugendlichen mit ihren Trainern auf den Golfbahnen von Wannsee. Dazu noch um die 40 Turniere an den Wochenenden. Alexandra Försterling stößt dazu. Die 15-jährige ist so was wie ein Berliner Golf-Star: Deutsche Meisterin, Nationalspielerin, in der Weltrangliste gewertet. Freizeit? Für die Schülerin trotzdem kein Fremdwort:
"Es geht schon. Also man findet dann doch immer einen Tag Freizeit. Mich stört es eigentlich nicht. Ich muss nicht jeden Tag ins Kino gehen. Deswegen finde ich das gar nicht so schlimm."
So ein Satz freut die Leistungskoordinatorin. Bei der Schülerin ging ihr Plan auf, mit dem Hiller versucht zu verhindern, das junge Talente plötzlich von einem Tag auf den anderen keine Lust mehr auf Golfspielen haben:
"Insgesamt ist die Absprungquote bei den Mädchen noch höher als bei den Jungs in dem Alter. Ziel ist es, sie vor der Pubertät schon so gut zu haben, dass sie richtig angefixt sind und den Sport nicht mehr aufgeben in der Zeit."
Seit es rund um Berlin immer mehr Golfplätze und Golfspieler gibt, fällt es Miriam Hiller leichter Nachwuchs zu finden. Über Talentsicherungen des Landessportbundes oder über Schulen. Dafür verfügt sie über einen Etat von mehreren 100.000 Euro. Nur Spieler kaufen kann sie dafür nicht. Das geht im Fußball – aber nicht im Golf. Hier gilt die Amateurregel: Außer Spesen gibt's nichts.
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