Nachtarbeiter Jürgen Domian

"Die Nacht öffnet die Seele"

Der Moderator Jürgen Domian im März 2015
Der Moderator Jürgen Domian im März 2015 © dpa / picture alliance/ Henning Kaiser
Jürgen Domian im Gespräch mit Mandy Schielke · 19.11.2016
Der Live-Talker Jürgen Domian ist einer der bekanntesten Nachtarbeiter Deutschlands: Er kümmert sich am Telefon um die Schlaflosen und Einsamen. Im Gespräch erzählt er, wie er 22 Jahre Nachtarbeit verkraftet hat und worauf er sich in seinem neuen Leben ohne "Domian" freut.
Der Nachttalker Jürgen Domian verabschiedet sich Ende des Jahres von seiner Nachschicht im WDR-Fernsehen: von Montag bis Freitag, immer von ein bis zwei Uhr nachts war "Domian" eine feste Institution und Anlaufstelle für Einsame, Verzweifelte, Redselige und Freaks, denen er am Telefon geduldig zuhörte.
Danach gefragt, worauf er sich in seinem neuen Leben als Tages-Mensch vor alle freue, sagte Domian:
"Ich freue mich besonders darauf, morgens mal die Sonne zu sehen. Weil ich in der Regel bis zum mittleren Nachmittag schlafe, da ich erst um halb sechs ins Bett gehe." Nach fast 22 Jahren Nachschicht sei das "etwas Großes".

Der Alltag ist schwierig zu organisieren

Als Nachtarbeiter habe man ein "komplett verdrehtes Leben." Der Alltag sei schwieriger zu organisieren – etwa wenn es um Behördengänge oder Handwerkertermine gehe. Vom Sozialleben ganz zu schweigen – Freunde habe er in all den Jahren eigentlich nur am Wochenende treffen können.
Einen anderen Rhythmus in seine Tage zu bringen, sei in allen den Jahren nur in der Sommerpause von "Domian" möglich gewesen. Doch habe die Umstellung auf einen halbwegs normalen Tagesrhythmus immer fast eine Woche gedauert – "das ist wie schwerer Jetlag". Natürlich sei dies alles nicht spurlos an ihm vorbei gegangen: "Je älter ich wurde, desto dünnhäutiger bin ich geworden."

Eine Tageslichtlampe hilft

Seine Ärzte hätten immer die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen – denn besonders im Winter sei Nachtarbeit natürlich alles andere als gesund. Deshalb habe er sich schon vor längerer Zeit eine Tageslichtlampe zugelegt.
Für seine Sendung sei die Nacht aber die ideale Zeit: "Die Nacht öffnet die Seele." Das könne man auch an sich selbst beobachten. Im Dunkeln, bei Kerzenschein, offenbare man guten Freunden viel eher seine Sorgen als in einem sommerlichen Eiscafé.
Allerdings kann Jürgen Domian auch ohne seinen Nachttalk den Nachtmenschen in sich nicht unterdrücken. Zukünftig würde er gerne in einem neuen Format im Fernsehen weitertalken – um seine Gäste dann auch mal zu sehen und nicht nur zu hören. Durchaus auch wieder am späten Abend – dann allerdings nicht später als 23 Uhr.
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