Labelchef Winckelmann gestorben

Über den Jazz-Tellerrand hinaus

08:05 Minuten
Porträt von Matthias Winckelmann, dem Gründer des Jazzlabels ENJA
Er liebte die Musik, die er veröffentlichte: Matthias Winckelmann. © enja records
Matthias Wegner im Gespräch mit Mascha Drost |
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Er hat den Jazz der vergangenen 50 Jahre entscheidend mitgestaltet. Mit seinem Label Enja Records produzierte er legendäre Platten von Abdullah Ibrahim, Chet Baker und Albert Mangelsdorff. Nun ist Matthias Winckelmann mit 81 Jahren gestorben.
Matthias Winckelmann wurde 1941 in Berlin geboren, studierte VWL und Soziologie und wollte eigentlich in die Entwicklungshilfe gehen. Doch seine Liebe zum Jazz, vor allem zu Charlie Parker, kam dazwischen. Er wollte diese Musik fördern und entschied sich, ein Jazz-Label zu gründen. Einen Kredit von der Bank bekam Winckelmann dafür nicht. Sein Vater lieh ihm 20.000 DM, und fortan gab es Enja ("European New Jazz").

Auf eine Schachpartie mit Mal Waldron

"Black Glory", das erste Album, das 1971 erschien, kam vom US-amerikanischen Pianisten Mal Waldron. Der hatte schon in den 1950ern Alben mit Billie Holiday und John Coltrane aufgenommen.
Der Pianist und der Labelchef kannten sich gut. Waldron klopfte gern nachts um 4 Uhr an Winckelmanns Tür, um Schach zu spielen. Doch der Verkauf des Albums lief schlecht, ganze fünf Freunde erwarben die Platte. Winckelmann fuhr daraufhin zu Plattenläden in ganz Deutschland, um sich besser zu vernetzen.
Er liebte die Musik, die er veröffentlichte. Er stand nicht für eine besondere Soundästhetik, er hat seine Musiker oft einfach machen lassen. Sie sollten starke Persönlichkeiten sein. Eine seiner Entdeckungen: der deutsche Posaunist Nils Wogram.

Afrikanische und arabische Acts

Enja sollte kein Jazz-Museum werden. In den 1990er-Jahren veröffentlichte Winckelmann vermehrt Musik von afrikanischen und arabischen Acts. World Jazz. Das wirkt nach. Auch Winckelmanns Nachfolger Werner Aldinger schaut heute weit über den Jazz-Tellerrand hinaus.
(mfied)
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