Nachkriegsliteratur

    „Einer der großen, fortschrittlichen Modernisierer“

    Undatierte Aufnahme des deutschen Schriftstellers Alfred Andersch.
    Der Autor Alfred Andersch (undatierte Aufnahme) © picture-alliance / dpa
    Der Literat und Wortkünstler Alfred Andersch war eine Instanz in der deutschen Nachkriegsliteratur. Er hat die legendäre Gruppe 47 mitbegründet, wurde mit zeitkritischen Schriften und Romanen wie „Sansibar oder der letzte Grund“ bekannt. Andersch schrieb zudem als Feature-, Essay- und Hörspielautor Rundfunkgeschichte.
    Anlässlich des hundertsten Geburtstages beschreibt ein Kalenderblatt im Deutschlandradio Kultur das literarische Werk von Alfred Andersch und seine Suche nach Momenten absoluter Freiheit. „Niemals kann Freiheit in unserem Leben länger dauern als ein paar Atemzüge, aber für die leben wir“, wird Andersch aus seinem autobiografisch inspirierten Roman „Die Kirschen der Freiheit“ zitiert.
    Im ausführlichen Interview im Deutschlandradio Kultur zum Jubiläum hob der Literaturkritiker und Andersch-Experte Helmut Böttiger seine Rolle als sogenannter „heimatloser, unabhängiger Linker“ hervor, der vor allem auch im Radio Diskussionen auf der Höhe der Zeit ermöglichte. Als literarischer Autor überzeugte Andersch eher durch seine Inhalte als durch seinen Stil, so Böttiger. Er sei „einer der großen, fortschrittlichen Modernisierer“ in der frühen Bundesrepublik gewesen.
    Bereits zum 25. Todestag beschäftigte sich ein Kalenderblatt mit dem Leben des Romanciers und Erzählers Alfred Andersch – mit ausführlichen Zitaten aus seinem umstrittenen Werk. Andersch wird auch als „Erfinder des Features“ vorgestellt.
    Dass das Buch „Die Kirschen der Freiheit“, das von seiner Desertion aus der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg handelte, 1952 heftigsten Volkszorn erregte, davon erzählt eine Sendung des Literaturrezensenten Helmut Böttiger. In dem Bericht zeigt sich allerdings: Gefangen zwischen Patriotismus, Kommunismus und innerer Emigration war die Person Alfred Andersch nicht so eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheint.
    Der Autor und Publizist Alfred Andersch habe seine Vita geschönt, diesen Vorwurf brachten die Literaturwissenschaftler Jörg Döring und Rolf Seubert von der Universität Siegen 2008 im Interview mit Deutschlandradio Kultur vor. Im Zusammenhang mit seiner Wehrmachtsangehörigkeit habe Andersch nach 1945 mehr verschleiert, als bis dahin angenommen worden war. Sie griffen damit Vorwürfe auf, die der Schriftsteller W. G. Sebald bereits früher geäußert hatte.
    Mit dem jüngst erschienenen Briefwechsel zwischen Alfred Andersch und Max Frisch befasste sich Helmut Böttiger im Deutschlandfunk. Die Korrespondenz umfasst die politisch bewegten 1960er und 1970er-Jahre und hat eine sehr persönliche Färbung – Missverständnisse und Verletzungen eingeschlossen. Im Gespräch mit Deutschlandradiokultur berichtete der Herausaugeber des Briefwechsels, Jan Bürger, von den Unterschieden und Gemeinsamkeiten der beiden Autoren.

    Programmtipp:
    Ein Gespräch mit dem Herausgeber des Briefwechsels zwischen Alfred Andersch und Max Frisch ist ab 19 Uhr in der Sendung Fazit zu hören.