Nach Zschäpes Schlusswort im NSU-Prozess

Unglaubwürdig und ohne Empathie

Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe.
Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe. © AFP/Stache
Thies Marsen im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 03.07.2018
In ihrem Schlusswort distanzierte sich Beate Zschäpe vom rechten Terror. Das sei der Hauptangeklagten im NSU-Prozess nicht abzunehmen, meint Prozessbeobachter Thies Marsen. Doch was bedeutet die Aussage für das Urteil kommenden Mittwoch?
"Bitte verurteilen Sie mich nicht stellvertretend für etwas, was ich weder gewollt noch getan habe": Mit diesen Worten bat Beate Zschäpe, die als Mittäterin der rechten Terrorzelle NSU in zehn Mordfällen angeklagt ist, um Gnade bei Richter Manfred Götzl. "Nichts Neues" habe man da von ihr gehört, sagt Thies Marsen, der das Mammutverfahren in München als Journalist verfolgt. Zschäpe habe in eigenen Worten das zusammengefasst, was ihre Anwälte schon vor zweieinhalb Jahren vorgetragen hätten:
"Ich denke, dass das, was sie gesagt hat, keinen großen Einfluss mehr haben wird. Das war auch nicht, wie ein Nebenklage-Vertreter gesagt hat, emotional unterfüttert. Das war mit fester Stimme, mit großem Selbstbewusstsein vorgetragen und mit wenig Empathie."
Marsen verwies auf vier Jahre Beweisaufnahme. Zschäpe sei 1998 als "überzeugte Nationalsozialistin" abgetaucht und habe über 13 Jahre im Untergrund gelebt. Dass sie ausgerechnet dort der rechten Ideologie abgeschworen haben will, nehme er ihr nicht ab.

Reihenweise lügende V-Leute

Insgesamt habe der NSU-Prozess hinsichtlich der Schuld oder Unschuld der fünf Angeklagten einiges aufgeklärt. Auch über Netzwerke der rechten Szene habe man einiges erfahren. Aber:
"Was ist denn mit der Rolle des Staates? Der V-Leute? Des Verfassungsschutzes? Da haben wir ja reihenweise lügende V-Leute erlebt und haben leider auch ein Oberlandesgericht erleben müssen, das da oft nicht eingegriffen hat. Ich war da zum Teil schon fassungslos."
Für weitere Aufklärung können nach Ansicht Marsens nur der Druck der Öffentlichkeit, von Journalisten und Historikern sorgen. Was aber dauern könnte: "Wir haben wie in Hessen den Fall, dass Akten zum NSU zum Teil für 120 Jahre unter Verschluss gehalten werden." (bth)
Mehr zum Thema