Nach Missbrauchsvorwürfen

Met feuert Star-Dirigent James Levine

The Metropolitan Orchestra unter der Leitung von James Levine, aufgenommen 2002 beim Lucerne Festival
The Metropolitan Orchestra unter der Leitung von James Levine, aufgenommen 2002 beim Lucerne Festival © picture-alliance/ dpa / Keystone Urs Flueeler
Von Georg Schwarte · 13.03.2018
Es gibt glaubwürdige Beweise für sexuellen Missbrauch durch James Levine. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Met Opera beauftragte Anwaltskanzlei. 40 Jahre war Levine dort Chefdirigent. Allerdings: Schon seit den Sechzigern hatte es Missbrauchsgerüchte gegeben. Nun muss Levine gehen.
Gefeuert. Endgültig. Aus einem unbestätigten Vorwurf hat die Met jetzt ein Urteil gemacht. James Levine, 40 Jahre Chefdirigent der Met, darf nie wieder dort stehen, wo er 2500 Mal stand. Am Dirigentenpult einer der berühmtesten Opernhäuser der Welt. Trauriges Ende einer Ära, sagte unlängst bereits der Musikkritiker der "New York Times" Michael Cooper im ARD-Interview, der aus dem Maestro Levine unter anderem mit seiner Berichterstattung über sexuellen Missbrauch durch Levine den Fall James Levine gemacht hatte:
"James Levine war die Metropolitan Opera für 40 Jahre. Er hatte hier sein Debüt, ausgerechnet mit 'Tosca' 1971. Er wurde Musikdirektor 1976 und das war er bis 2016. Nur für die Perspektive: Kanzler Schmidt war im Amt, als er begann, und Levine dirigierte weiter an der Spitze – bis in die Merkel-Jahre. Er hat das Haus hier geprägt."

Frühe Gerüchte befand die Met für nicht stichhaltig

40 Jahre Chefdirigent. Einer der berühmtesten Dirigenten der Welt. Aber da sind die Vorwürfe. Einen 15-jährigen Jungen soll der Maestro schon in den 60er-Jahren missbraucht haben. Wieder und Wieder. Es gab Gerüchte, es gab Gemunkel. 1979 bereits einen anonymen Brief an die Opernleitung der Met. Man fragte damals nach und befand: Alles nicht stichhaltig. Die Gerüchte aber blieben.
Als Levine 1999 auch Chefdirigent der Münchner Philharmoniker werden sollte, fragten die Grünen im dortigen Stadtrat nach: Der damalige Fraktionsvorsitzende sagte, man könne nicht einfach trennen und sagen, das ist das Berufsleben und wir schauen uns nur das Berufsleben an. Er sei der festen Ansicht, dass das Thema Pädophilie nie Privatsache sei. Es geschah dennoch nichts. Levine wurde verpflichtet in München. An der Met aber machte er sich den Namen und er machte die Met, sagt Kritiker Cooper:
"Er formte das, naja, eher zweitklassige Orchester in eines der besten der Welt. Er brachte neue, moderne Opernstücke auf die Bühne, wurde selbst zum Mozart- und Wagnerexperten, und die Met heute für viele das Haus, das James Levine baute."

Die "New York Times" veröffentlichte Aussagen von Opfern

Anfang Dezember dann veröffentlicht die "New York Times" Aussagen von vier Männern, Opfern. Sie werfen Levine systematischen Missbrauch vor, Vergewaltigung. Erst in diesem Monat schreibt der "Boston Globe" von Zitat "Levines Jüngern". Er sei ein Guru gewesen, habe Sex als Macht und Kontrollinstrument eingesetzt. Die Met-Leitung suspendierte Levine im Dezember, beauftragte eine externe Anwaltskanzlei, den Fall zu prüfen.
Im Raum auch der Vorwurf, die Opernleitung habe vertuschen wollen. Levine und den Namen der Met auf diese Art zu schützen versucht. Gestern nun das Ergebnis: Glaubwürdige Beweise gebe es für sexuellen Missbrauch. Über Jahre vor und während seiner Zeit an der Met. Über 70 Zeugen seien befragt worden. Opfer, junge verletzliche Künstler, am Anfang ihrer Karriere, abhängig vom Maestro. Der aber schweigt. Der 74-Jährige hatte zu Beginn des Skandals erklärt, er sei unschuldig, so damals Michael Cooper:
"Er hat eine Erklärung abgegeben, er nannte die Vorwürfe unbegründet, schrieb, jeder, der ihn kenne, werde bestätigen, er habe nie das Leben eines Agressors und Unterdrückers geführt. Er bestreitet alles, das macht die Untersuchung der Vorfälle sicher nicht leichter."
Die Untersuchung aber ist jetzt dennoch zum Ergebnis gekommen. Levine muss gehen. Endgültig. Der Maestro schweigt bisher. Und auch Met-Intendant Gelb, dem die externen Ermittler bescheinigen, nichts vertuscht zu haben, mochte sich bisher nicht selbst äußern.
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