Nach der Landtagswahl

Infiziert von "Morbus Bavaria"

Horst Seehofer (links), CSU-Vorsitzender und Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, unterhält sich am Abend der Bayernwahl im Landtag mit Markus Söder (CSU, rechts), dem Ministerpräsidenten von Bayern
Die CSU-Politiker Horst Seehofer und Markus Söder stehen aus Sicht des Journalisten Hajo Schumacher für eine überkommene Männerwelt. © dpa
Hajo Schumacher im Gespräch mit Korbinian Frenzel  · 15.10.2018
Was in Köln Klüngel heißt, nennt sich in Bayern "Morbus Bavaria" lautete die erste Wahlanalyse unseres Studiogastes, des Journalisten Hajo Schumacher. Moderne Führung sehe anders aus und dafür gab es bei der Bayern-Wahl eine Quittung für die CSU.
"Morbus Bavaria ist für mich die Umschreibung von klassischem Bodybusiness", sagte unser Studiogast, der Journalist Hajo Schumacher im Deutschlandfunk Kultur. "Wenn relativ ähnlich tickende, meistens ältere Herren, die Sache so unter sich ausmachen." Das habe man bei Audi gesehen. Vorstandschef Rupert Stadler sitze nun schon lange in Untersuchungshaft, weil da offenbar einiges hinter den Kulissen gelaufen sei.
Stadler wird vorgeworfen, er habe den Verkauf von Autos mit manipulierten Dieselmotoren zugelassen, obwohl er von den Manipulationen gewusst oder bewusst die Augen davor verschlossen habe.
Portrait von Hajo Schumacher vor dem Mikrofon im Studio.
Hajo Schumacher im Studio von Deutschlandfunk Kultur © Deutschlandradio / Malte E. Kollenberg
"Beim FC Bayern ist das doch ein bisschen ähnlich", sagte Schumacher. "Das ist auch so eine alte Garde von Herrschaften, die sich ganz lange kennen und die sagen, komm, das machen wir unter uns aus." Genauso sehe es eben bei der CSU aus. Dabei gehe modernes Führen heute eigentlich anders. "Wir sehen das zum Teil an den Grünen, wir sehen das bei einem anderen bayerischen Unternehmen Adidas." Das Unternehmen habe sich modernisiert. Der wirtschaftliche Erfolg in Bayern täusche darüber hinweg, dass manche Strukturen nicht mehr ganz zeitgemäß seien, sagte der Journalist.

Mißerfolg bei den Frauen

Die CSU und Ministerpräsident Markus Söder hätten bei der Bayern-Wahl auch gerade bei den Frauen verloren. "Das ist vielleicht mal eine ganz gute Idee, nicht nur für 50 Prozent der Wählerschaft Politik zu machen, also für die Männer." Moderne Politik schaffe es, stärker zu integrieren. Deshalb sei der Grünen-Politiker Robert Habeck für ihn interessant, sagte Schumacher. Es sei schon erstaunlich, dass ausgerechnet die Grünen, die früher mit Joschka Fischer als "Steineschmeißer" und Jürgen Trittin polarisierend wirkten, von einer neuen Generation der "Integrierer" wie Habeck und Annalena Baerbock abgelöst worden seien.

Hajo Schumacher, geboren 1964 in Münster, arbeitete von 1990 bis 2000 beim Nachrichtenmagazin "Spiegel". Später leitete er die Redaktion des Lifestyle-Magazins "Max". Heute ist er als freier Journalist und Autor für Tageszeitungen, Magazine, Hörfunk, Online und Fernsehen in Berlin tätig. Bekannt wurde der passionierte Läufer Schumacher außerdem als "Achim Achilles" mit einer regelmäßigen Laufkolumne.

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