Nach der EU-Wahl

Jetzt brauchen wir eine zukunftstaugliche Klimapolitik

Im Vordergrund Schülerinnen und Schüler die einen großen Banner mit der Aufschrift "EU Wahl gleich Klimawahl" tragen. Im Hintergrund unzählige Schülerinnen und Schüler mit Transparenten.
Protest für besseren Klimaschutz - die EU-Wahl war auch eine Klimawahl. Dennoch: Künftig werden auch mehr Nationalisten und Populisten im EU-Parlament sitzen. © picture allinace / dpa / Kay Nietfeld
Ein Kommentar von Annette Riedel · 26.05.2019
So viele Europäer wie lange nicht sind wählen gegangen. Das ist die gute Nachricht. Aber die EU-Gegner im Parlament werden zahlreicher. Die EU muss nun beweisen, dass sie Politik für die Bürger macht und nicht für Big Business. Ein Kommentar.
"Diesmal wähle ich" – das war das Motto, das die EU-Kommission für die Europawahlen ausgegeben hatte. "Diesmal wähle ich" – das haben sich seit 25 Jahren nicht mehr so viele Europäer gedacht. Alles andere wäre aber auch ein vernichtendes Urteil über Europas Bedeutung für die Zukunft von knapp 430 Wahlberechtigten gewesen.
Damit nicht wieder mehr als jeder zweite Wähler dankend auf sein Wahlrecht verzichtet hat, musste einiges zusammenkommen. Zum Beispiel eine veritable Ent-Täuschung. Gerade auch junge Menschen sind zu lange der Täuschung erlegen, dass Europa selbstverständlich ist. Vielleicht war das verheerende Brexit-Votum in Großbritannien der nötige Weckruf. Und sie haben begriffen, dass sie das Feld den EU-Gegnern überlassen, wenn sie ihre Stimme für Europa nicht erheben und nicht abgeben. Raushalten ist keine Option. Für niemanden.

Es wird nicht alles gut - die Antis werden zahlreicher

So hat es im Vorfeld der Wahlen in diversen EU-Ländern beispielslose Anstrengungen gegeben, die Wähler zum Urnengang zu motivieren. Verbände, Unternehmen, Künstler, die Zivilgesellschaft - sie alle sammelten sich hinter der zentralen Botschaft: Diesmal müsst ihr wählen. Und natürlich: pro-europäisch. Setzt dem europaweiten Erstarken von Anti-EU-Parteien eure Stimme entgegen. Und damit jenen, die fahrlässig mit einem möglichen EU-Exit hantieren. Oder die Union von innen sprengen wollen.
Wird jetzt also alles gut? Nein, natürlich nicht. Es werden trotzdem mehr Nationalisten und Populisten im neuen EU-Parlament Sitz und Stimme haben als in der abgelaufenen Legislaturperiode. Nicht so viele, wie zeitweise befürchtet. Aber immer noch mehr als jene rund 20 Prozent, die es seit 2014 schon waren. Das heißt: Leichter wird die gesetzgeberische Arbeit nicht.
Zudem steht die traditionelle informelle GoKo im EU-Parlament vor dem Aus zu stehen. Das heißt, dass es schwerer wird, Mehrheiten zu organisieren – für einen künftigen Kommissionspräsidenten genauso wie bei Abstimmungen über Gesetze.

Zukunftstaugliche Klimapolitik und Mindeststeuern müssen her

Das kann man demokratietheoretisch begrüßen. Hat aber zumindest einen Haken. Denn es bedeutet auch das: Wechselnde Mehrheiten werden Verhandlungen noch komplizierter machen. Könnten noch häufiger zu Kompromissen mit kleinstem gemeinsamem Nenner führen. Wind in den Segeln derjenigen, die der EU vorwerfen, zu langsam und zu ineffektiv zu arbeiten.
Damit aus Ent-Täuschung nicht Enttäuschung derjenigen wird, die heute pro-europäisch gewählt haben, muss jetzt einiges passieren: EU-Länder und EU-Parlament müssen sich schnell auf das neue Spitzenpersonal einigen. Und sie müssen liefern. Wie wär’s mit einer zukunftstauglichen Klimapolitik und EU-weiten Mindeststeuern für Großkonzerne?! Zu beweisen gilt: Die EU ist gut für die Bürger. Und nicht vor allem für Banken und Big Business.
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