Nach den Anschlägen von Wolgograd

Ein banges Gefühl

Am Morgen des 30. Dezember 2013 sprengte sich ein Selbstmordattentäter in einem Bus in Wolgograd in die Luft. Mindestens 14 Menschen wurden nach Behördenangaben getötet. Die gewaltige Explosion geschah im morgendlichen Berufsverkehr kurz vor 08.30 Uhr Ortszeit in einem Bus der Linie 15A, als dieser gerade in der Nähe des Stadtzentrums unterwegs war.
Der völlig zerstörte Bus der Linie 15a im Zentrum von Wolgograd. © AFP PHOTO / INTERIOR MINISTRY PRESS SERVICE
Von Gesine Dornblüth · 30.12.2013
Das Vertrauen der Bevölkerung im Kampf gegen den Terrorismus erhalten die Sicherheitskräfte nur durch Transparenz, kommentiert Gesine Dornblüth. Aber davon sei Russland weit entfernt.
Was für eine widerliche Tat. Zwei Anschläge hintereinander, vor Silvester, dem wichtigsten Familienfest der Russen. Die Täter haben auf eine maximale Zahl von Opfern gesetzt, am Bahnhof, im Bus morgens im Berufsverkehr. Maximale Aufmerksamkeit war ihnen sicher. Denn die Welt blickt derzeit auf Russland, den Gastgeber von Olympia.
Im Sommer hat Islamistenführer Doku Umarov seine Anhänger dazu aufgerufen, die Olympischen Spiele in Sotschi mit Anschlägen zu verhindern. Noch fünfeinhalb Wochen sind es bis zur Eröffnungsfeier. Es muss nicht sein, dass die Bomben von Wolgograd der Auftakt sind zu einer Welle von Attentaten in Russland. Es kann aber sein. Und so sehr die Behörden auch versuchen, diesen möglichen Zusammenhang zu verschweigen, ein mulmiges Gefühl bleibt.
Denn so groß die Sicherheitsvorkehrungen in Russland, und speziell in Sotschi, auch sind, kompletten Schutz vor Anschlägen gibt es nicht. Ihn bietet kein Geheimdienst dieser Welt. Das hat sich in Wolgograd soeben bestätigt. Bereits gestern, nach dem ersten Attentat, wurden die Sicherheitsmaßnahmen dort verstärkt, auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Trotzdem explodierte heute Morgen die zweite Bombe.
Nun rufen Politiker nach noch mehr Überwachung, nach noch schärferen Gesetzen, nach noch mehr Vollmachten für die Antiterroreinheiten. Den einen oder anderen Anschlag mag man damit verhindern. Den Terrorismus ausrotten wird es nicht. Vielleicht gibt man ihm im Gegenteil sogar noch Auftrieb. Im Nordkaukasus ist das bereits zu beobachten. Dort genießen die föderalen Antiterroreinheiten bereits alle Freiheiten, sie bewegen sich quasi im rechtsfreien Raum. Und mähen Terrorverdächtige einfach nieder, ohne ein rechtsstaatliches Verfahren. Dabei kommen nachweislich auch Unbeteiligte zu Schaden. Diese unkontrollierten und brutalen Antiterrormaßnahmen heizen den Zorn der Menschen dort noch an. Sie treiben junge Leute in die Arme der Islamisten. Die Gewaltspirale schraubt sich damit in die Höhe.
Niemand hat ein Mittel, um Terroristen zu stoppen. Klar ist aber, es geht nicht ohne das Vertrauen der Bevölkerung. Das aber gewinnen die Sicherheitskräfte nur, wenn sie transparent handeln, im Kaukasus und in ganz Russland. Davon aber sind die russischen Behörden weit entfernt.
Die Anschläge von Wolgograd hinterlassen neben Betroffenheit und Entsetzen vor allem eines: ein banges Gefühl im Hinblick auf die nächsten Wochen. Damit haben die Terroristen, so bedauerlich es ist, einen Teil ihres Ziels bereits erreicht.
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