Nach dem Tod von Robin Williams

Hollywood hält kurz den Atem an

Blumen und ein Oscar-Souvenir am Hollywood Walk of Fame am Stern von US-Schauspieler Robin Williams am 11. August 2014.
Trauerbekundungen am Walk of Fame in Hollywood für US-Schauspieler Robin Williams. © picture alliance / dpa / Michael Nelson
Korrespondent Wolfgang Stuflesser im Gespräch mit Jürgen König · 12.08.2014
"Ein großartiges Talent und eine aufrichtige Seele", kommentierte Steven Spielberg, einen echten "Menschenmensch" nannte in Steve Martin - und selbst Präsident Obama äußerte sich erschüttert zum vermeintlichen Selbstmord von Robin Williams.
Jürgen König: "Ein Flieger, ein Arzt, ein Genie, ein Kindermädchen, ein Präsident, ein Professor, ein Peter Pan und alles dazwischen" sei Robin Williams gewesen, aber dennoch einmalig. So würdigte US-Präsident Barack Obama den Schauspieler Robin Williams, der jetzt im Alter von 63 Jahren in seinem Haus tot aufgefunden wurde. Man vermutet Suizid durch Erstickung, Genaueres wissen wir noch nicht. Genaueres weiß aber vielleicht unser Korrespondent in Los Angeles, Wolfgang Stuflesser. Guten Morgen beziehungsweise guten Abend – Sie haben die Nacht ja noch vor sich.
Wolfgang Stuflesser: Genau. Von mir aus guten Morgen zu Ihnen!
König: "Er war ein Freund, und ich kann es nicht fassen, dass er von uns gegangen ist", so wird hier Steven Spielberg zitiert. Wenn man die Reaktionen zusammenfasst, hat man den Eindruck, nicht nur so einer berufsmäßig zur Schau getragene Betroffenheit, sondern wirklich eines Entsetzens, das da durch die Szene Hollywoods gegangen ist. Ist dieser Eindruck zutreffend?
Stuflesser: Es ist zumindest auch mein Eindruck. Ich hatte hier das Gefühl, als würde Hollywood ganz kurz mal den Atem anhalten, nach dem Motto: Echt? Ist das der Robin Williams? Kann ich diese Nachricht glauben? Und dann machen eben viele nach und nach ihrer Trauer und auch ihrem Schock auf Twitter sozusagen Luft. Also Steve Martin, der ja auch Komiker ist, der nannte Robin Williams einen echten "Menschenmensch", dieser amerikanisch-jiddische Ausdruck, "ein großartiges Talent und eine aufrichtige Seele". Steven Spielberg haben Sie schon erwähnt, Ellen DeGeneres, die sagte, er hat so vielen Leuten so viel gegeben. Wenn sich schon der Präsident äußert, das zeigt auch sozusagen, wie hoch die Latte da sozusagen hängt.
König: Das ist etwas Besonderes. Ich habe mich auch gewundert.
Rote Nelken am Williams-Stern am "Walk of Fame"
Stuflesser: Ja, das passiert nicht jedes Mal, wenn jemand stirbt, auch nicht, wenn ein Promi stirbt. Am eindrucksvollsten fand ich sogar noch eine Szene hier am Hollywood-Boulevard hier in Los Angeles, am "Walk of Fame", das ist das mit den vielen Sternen für die Stars. Am Stern von Robin Williams, da bleiben jetzt gerade viele Leute stehen, denn da hat jemand eine kleine Oscar-Statue hingestellt und einen Strauß roter Nelken dazugelegt. Ich vermute mal, das war jemand, den hat Robin Williams in seinen Rollen herzhaft zum Lachen gebracht, und der hat sich jetzt quasi auf diese Art und Weise bedankt, und das fand ich eigentlich eine sehr schöne Geste.
König: Sehr depressiv sei er zuletzt gewesen, heißt es hier in den Nachrufen. Andererseits wird er gerühmt als einer der großen Komiker und Charakterdarsteller unserer Tage. Wie geht das zusammen – geht es vielleicht gerade gut zusammen, also sprich, dass die Depression sozusagen ihr Ventil oder ihre Medizin fand in diesen Komödien?
Stuflesser: Da kann ich natürlich nur vermuten, aber es gibt ja dieses Klischee des traurigen Clowns, der andere zum Lachen bringt, und er selbst weint. Das kommt ja wahrscheinlich nicht von ungefähr. Dann muss man sagen, Robin Williams hat sein Leben schon ein gutes Stück auf der Überholspur gelebt. Es gab immer diesen Spruch, wer ihn interviewt als Journalist, der sollte sich mit Bauchweh auseinandersetzen, weil danach muss man sich den Bauch vor Lachen halten, weil er bei jeder Frage immer einen Gag macht. Selbst wenn der clean war und nicht auf Kokain, wirkte er, als wäre er auf Koks.
Leben im fünften Gang auf Tempo 160
König: Ich muss auch jetzt schon lachen, ja …
Stuflesser: … ja, und dazu kam ja noch diese Sucht, also in den 70er-Jahren dann eben Kokain, Alkohol. In den 80er-Jahren ist er quasi auf kalten Entzug gegangen, weil er Vater wurde und sagte, er will nicht mit Koks-Nase seinem Kind begegnen. Also jemand, der sich auch immer wieder anders definiert hat, neu erfunden hat. Dann, 2006 gab es einen Rückfall, wieder in die Klinik wegen Alkohol. 2009 bekam er eine neue Herzklappe. Jetzt jenseits sozusagen, wie wir sagen könnten, des Klischees vom traurigen Clown ist das auch jemand, der einfach sein Leben im fünften Gang auf Tempo 160 gelebt hat, und vielleicht war dann auch irgendwann der Sprit alle.
König: Wissen Sie schon etwas Genaueres über die Umstände dieses Todes? Wie heißt es immer – Suizid durch Erstickung?
Stuflesser: Ja, das ist der Verdacht, den die Polizei hier geäußert hat. Es gibt diese Erklärung von der Polizei von Marine County in der Nähe von San Francisco, die sagen eben, dass bei ihnen kurz vor Montagmittag Ortszeit, das wäre also Montagabend deutscher Zeit, ein Notruf eingegangen ist. Polizei und Rettungskräfte waren dann innerhalb von fünf Minuten vor Ort, aber auf dem Anwesen von Robin Williams fanden sie ihn eben leblos und haben nur noch seinen Tod feststellen können. Dann gibt es jetzt eben diesen Verdachtsmoment, Selbstmord durch Ersticken. Genaueres wissen wir hier auch noch nicht. Die Behörden sagen aber, nein, wir untersuchen das schon auch noch ausführlich, es soll da auch eine Obduktion geben. Man weiß ja nicht, vielleicht waren da Spuren von Medikamenten, Alkohol, andere Drogen im Spiel. Aber da muss man einfach jetzt warten, bis da die Obduktion stattgefunden hat. Und dann gab es natürlich diese Erklärung seiner Pressesprecherin, dass er zuletzt an schweren Depressionen gelitten hat. Und ich finde, wenn man Selbstmord und Depression in einem Satz hört, dann muss man ja eigentlich nur Eins und Eins zusammenzählen.
König: Vielen Dank, erst mal so weit! (…)
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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