Nach dem Monsanto-Urteil in den USA

Bayer unter Druck

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Der Vorstandsvorsitzende, Werner Baumann, bei seiner Rede auf der Hauptversammlung der Bayer AG am 26.4.2019.
Bei der Hauptversammlung der Bayer AG verteidigte der Vorstandsvorsitzende, Werner Baumann, erst kürzlich die Konzernstrategie und wurde von den Aktionären abgestraft. © Sven Simon/picture alliance
Ulrich Khuon im Gespräch mit Anke Schaefer  · 14.05.2019
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Nachdem das US-Tochterunternehmen Monsanto wegen Glyphosat zu einer Milliarden-Entschädigung verurteilt wurde, wächst die Kritik am Mutterkonzern Bayer AG. Von "Größenwahn" und "halbkriminellen Vorgängen" spricht der Theatermacher Ulrich Khuon.
Der Druck auf Bayer steigt: Die US-Tochterfirma Monsanto des deutschen Pharma- und Agrarchemiekonzerns verlor in den USA nun schon den dritten Prozess und muss nun Schadenersatz in Milliardenhöhe zahlen. Die Geschworenen des Gerichts im kalifornischen Oakland urteilten, dass Bayer wegen des Unkrautvernichters Glyphosat umgerechnet rund 1,8 Milliarden Euro an die Kläger zahlen müsse. Es handelt sich um das Ehepaar Alva und Alberta Pilliod, die beide über 70 Jahre alt und an Lymphdrüsenkrebs erkrankt sind. Sie machen dafür die jahrzehntelange Verwendung des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup verantwortlich und bekamen vor Gericht Recht.
Ulrich Khuon, Intendant des Deutschen Theaters Berlin. 
Ulrich Khuon, Intendant des Deutschen Theaters in Berlin.© Klaus Dyba
Als "Größenwahn" charakterisierte der Theatermacher Ulrich Khuon den Versuch der Bayer AG mit einer Entscheidung für den Kauf der US-Tochterfirma Monsanto, den ganz großen Wurf zu machen. Offenbar gebe es gerade in der Wirtschaft den Wunsch, einen solchen "globalen Großschlag" zu vollbringen, kritisierte der Intendant des Deutschen Theaters in Berlin, das Vorgehen der Bayer-Konzernzentrale. "Jetzt war es halt ein Schlag ins Wasser", sagte Khuon im Deutschlandfunk Kultur. "Jedes weitere Gerichtsurteil verstärkt die Schieflage." Hinzu komme noch der Vorwurf gegen den Konzern, dass PR-Firmen im Auftrag des Pharmaunternehmens Journalisten, Politiker und Aktivisten systematisch erfasst und in Listen aufgeteilt haben sollen, um zu unterscheiden, wer zu den Kritikern zähle. "Da denkt man, es geht drunter und drüber", sagte Khuon. "Das sind halbkriminelle Vorgänge und in der Zentrale bei Bayer sagt man wahrscheinlich: Augen zu und durch."

Kritik an Großentscheidungen

In allen Bereichen könne man verfolgen, dass in den Aufsichtsräten auch nur Menschen säßen mit Ehrgeiz, Schwächen und mangelndem Durchblick, sagte Khuon. In vielen Chefetagen sitze ein Durcheinander von Psychopathen und fähigen Menschen. Einige von ihnen handelten ethisch, andere bedenkenlos. Während es in vielen Bereichen der Gesellschaft nachgelassen habe, endgültige Großentscheidungen treffen zu wollen, sei es in der Wirtschaft immer noch angesagt, in seinem Sektor die ganze Welt zu beherrschen, sagte der Intendant. Der Einsatz von Glyphosat sei hochumstritten und heiß diskutiert worden, aber die Bayer AG habe sich in Sicherheit gewogen. Dort glaube man offenbar immer noch daran, in Berufung gehen zu können und habe Gutachter, die die eigene Sicht abstützten.
(gem)

Ulrich Khuon ist Intendant des Deutschen Theaters in Berlin. Er hat Jura, Theologie und Germanistik studiert und war in den 1970er Jahren Theater- und Literaturkritiker bei der "Badischen Zeitung". Anfang der 1980er Jahre wechselte er an das Stadttheater Konstanz, wo er erst mehrere Jahre als Chefdramaturg arbeitete, bevor er Intendant wurde. Im Anschluss ging er ans Schauspielhaus Hannover und übernahm 2000/2001 die Nachfolge von Intendant Jürgen Flimm am Hamburger Thalia Theater. Seit 2009 ist er in Berlin und seit 2017 auch Präsident des Deutschen Bühnenvereins.

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