Mythos Rembrandt

Von Ute May |
Am 16. Juli 1606 wurde Rembrandt van Rijn im niederländischen Leiden geboren. Der 400. Geburtstag des Müllerssohnes, der neben Vincent van Gogh der wichtigste Künstler seines Landes wurde, ist für zahlreiche Museen ein willkommener Anlass, dessen umfangreiches Werk unter verschiedenen Aspekten zu würdigen.
Bei der Untersuchung des Mythos um Rembrandts Mutter in der ersten Ausstellung des Kunst-Marathons wird es in der Geburtsstadt des niederländischen Barockmalers nicht bleiben. In Leiden stehen noch zwei weitere große Ausstellungen auf dem Programm. Eine Menge Arbeit für das Team um Kurator Christiaan Vogelaar und ein seltener Erfolg mit der Präsentation von Kupferstichen, die eindrucksvoll Rembrandts künstlerische Entwicklung zeigen und seine Fähigkeit, in Bildern zu erzählen:

"Ich bin ganz stolz. Es ist eine wunderbare Sammlung. Die ist von Frits Lugt, einem Holländer, der hatte einen sehr guten Geschmack und eine Gattin mit Geld, das ist immer doch eine schöne Kombination, ... und der hat alle Blätter, alle Stiche von Rembrandt gesammelt. Aber die sind jetzt in Paris ... diese Sammlung ist nie insgesamt gezeigt worden. Das ist hier das erste Mal."

Die dritte Ausstellung in der Lakenhal, dem ehemaligen Zunfthaus der Leidener Tuchmacher wendet sich den Landschaften zu, die Rembrandt gemalt hat. Dass Rembrandt Landschaften in Kupferstichen verewigt hat, ist keine Neuigkeit. Nun werden die seltenen Landschaftsgemälde gezeigt.
In diesem Zusammenhang weist Christiaan Vogelaar auf interessante Bestände der Lakenhal hin:

"In der ständigen Sammlung des Museums gibt es Gemälde von Rembrandt und von Jan Lievens, mit dem er seine Werkstatt teilte, und Gerrit Dau, sein Schüler ab 1628. Die Gemälde sind hier ... mythologische Themen, biblische Themen. "

Das Hauptprogramm zu Rembrandts 400. Geburtstag spielt sich im kommenden Jahr in Amsterdam ab; dort hat er die meiste Zeit seines Lebens verbracht.
Ein Höhepunkt ist nach Worten von Dr. Gerben Baaij die Ausstellung Rembrandt & Caravaggio:

"... im Rijks-Museum und van-Gogh-Museum vergleicht man Rembrandt als nördlichen Meister des Barock mit dem südlichen Meister des Barock. So ... gibt jede Ausstellung immer wieder neue Ansichten zu diesem Mensch."
Was die beiden Künstler, die sich nie begegnet sind, verbindet, ist ganz eindeutig deren eindrucksvolle Umsetzung von hell und dunkel in ihren Bildern.

"... Caravaggio ist ein älterer Maler als Rembrandt. Rembrandt ist sehr von ihm inspiriert. Es gab eine ganze Schule Caravaggisten in Utrecht, die er sehr gut gekannt. Speziell der jüngere Rembrandt ist in hohem Maße von Caravaggio inspiriert worden."

Auf die Suche nach dem Genie Rembrandt van Rijn, wie der vielseitige Künstler mit vollständigem Namen hieß, macht sich eine Ausstellung im Rembrandt-Haus. Was diese Ausstellung so spektakulär macht, ist die schier unglaubliche Anzahl von 19 Gemälden, die nach 350 Jahren wieder in das Haus zurückkommen, in dem sie gemalt worden sind, es ist auch deren außerordentliche Qualität. Gerben Baaij:

"Das einzelne Gemälde ist nicht besonders, einzelne Gemälde gibt’s oft. Aber wir haben eine ganze Menge aus aller Welt: St. Petersburg, Louvre, Prado, National Gallery, Staatl. Museen Berlin und Kassel. Die kommen aus aller Welt nach Holland und auch aus Privatkollektionen, damit man auch Gemälde, Zeichnungen und Stiche sehen kann, die man anders nicht sehen kann. "

Nach so viel Kunstgenuss ist im ehemaligen Wohnhaus von Rembrandt zu sehen, wie er dort gelebt hat. Nach der Vollendung der Nachtwache und besonders nach dem Tod seiner ersten Frau Saskia gerät er in eine tiefe persönliche und künstlerische Krise. Nun ist das Wohnhaus wieder so eingerichtet

"... wie es zu Rembrandts Zeit war. Er ist bankrott gegangen, nachdem er 20 Jahre dort gewohnt und gearbeitet hat. ... Die Holländer waren sehr gute Bürokraten und so wir haben ganz nette Inventarlisten. Danach war es möglich, das Haus wieder einzurichten. Sein Studio ist da, aber auch seine Küche ist wieder da wie zu der Zeit, als er da gelebt hat.
Er war sehr reich; sehr jung war er schon ein Star, ... aber er war nicht gut mit Geld. ... Also er war ... ziemlich arm zum Ende seines Lebens und ist deswegen in einem Armengrab in der Westerkerk begraben."

Rembrandts Leben kommt mit Anekdoten und gesicherten Elementen auch auf die Bühne: in das neu renovierte Königliche Theater nämlich, das vor mehr als 100 Jahren der berühmte Zirkusdirektor Oscar Carré gegründet hat.

"Ein sehr erfahrener Musical-Produzent in Holland stellt das dar. Über die Geschichte hat man mit dem Rembrandt-Haus und dem Rijks-Museum auch gesprochen, damit wir wissen, dass in diesem Musical die Geschichte von Rembrandt so richtig, wie sie gewesen ist, auch erzählt wird.
Wir haben ... gesagt, das gehört doch ins Programm, weil es über Rembrandts Leben geht und auch anderen Zielgruppen sein Leben wieder zugänglich macht."

Ganz spannend wird sicher die Ausstellung Uylenburgh & Zoon. Kunst und Kommerz zu Zeiten Rembrandts. Im Amsterdamer Rembrandt-Haus werden die Werke des prominenten Geburtstagskindes nicht allein, sondern inmitten von Arbeiten seiner holländischen, flämischen und italienischen Konkurrenten gezeigt. Ganz so, wie sie damals auch für die zahlungskräftige Kundschaft in der Galerie des Kunsthändler Uylenburgh an Wänden und auf Staffeleien präsentiert wurden.
Gerben Baaij ist ganz sicher, dass es im Rembrandtjahr reichlich Neues zu entdecken gibt:

"Es gibt eine ganze Menge Ausstellungen, die haben alle verschiedene Themen und all diese Themen geben immer wieder eine neue Hinsicht aus einer neuen Richtung in Leben und Arbeit von Rembrandt. Es gibt eine ganze Menge Möglichkeiten, neue Sachen zu entdecken."

Christiaan Vogelaar, der künstlerische Leiter für das Rembrandt-Programm in Leiden ergänzt das aus wissenschaftlicher Sicht:

"Das Denken über Rembrandt oder über andere Künstler hört nie auf. Es ist ein Prozess, der sich immer erneuert. Ich glaube, dieses Jahr zeigen wir in den verschiedenen Ausstellungen, wie heute gedacht wird über Rembrandt. Ich bin sicher, in 50 oder 100 Jahren wird bestimmt ganz anders gedacht über Rembrandt."

Sicher ist deswegen, dass die Diskussion über echte oder seinen Schülern und Kollegen zugeschriebene Gemälde, Zeichnungen und Kupferstiche auch für die nächste Zeit noch nicht erschöpft ist, möglicherweise sogar wieder neue Impulse bekommt.