Mythos, Meer und Musik

Hannu Lintu, an einem Schreibtisch sitzend mit Dirigierstab in der Hand
Hannu Lintu © DSO Berlin / Kaapo Kamu
07.03.2014
Was für Figuren, was für Geschichten! Die Mythologie der Antike ist ein buntes und lebenssattes Panoptikum, mit einer Unzahl an Göttern, Helden und Fabelwesen, deren Geschicke in vielerlei Varianten überliefert sind. Kein Wunder, dass diese die Künstler, Dichter und Tonsetzer der vergangenen zwei Jahrtausende in so mannigfaltiger Weise inspiriert haben.
Dazu gehören auch der Komponist und Klarinettist Jörg Widmann und seine „Trilogie von Streicherwerken nach griechischen Mythen“: Die „Insel der Sirenen“ für Solo-Violine und 19 Streicher werden am 7. März vom Deutschen Symphonie-Orchester Berlin aufgeführt.Die Sirenen, man weis es von Homer, lockten mit verführerischem Gesang, der von Weltweisheit kündete, alle Schiffer in den Tod, die in die unglückliche Nahe ihrer Insel gerieten. Jörg Widmann entwickelt seine Mythosmusik aus der Stille, dem Schweigen der Sirenen, „das letztendlich noch bedrohlicher als der eigentliche Gesang“ ist.Widmanns Komposition unternimmt eine faszinierende Klangreise auf einem wundersam flirrenden Geflecht aus Flageoletts und Glissandi, über dem sich der Gesang der Solo-Violine erhebt – unheilvoll, verführerisch, betörend schon. Christian Tetzlaff wird diesen Part übernehmen. Der großartige Geiger ist seit Jahren regelmäßig beim DSO zu Gast. Vor der Konzertpause wird er zudem das erste Violinkonzert von Karol Szymanowski interpretieren.
Auch Jean Sibelius hatte es die Sagenwelt angetan. Neben zahlreichen Werken schrieb er auch eines, in dem sich Meeres- und Naturerfahrung mit einem antiken Topos verbinden: Die Tondichtung "Die Okeaniden". Die Überlieferung kennt diese als Tochter der Titanen Okeanos und Tethys, des Weltenstroms und der Meeresgöttin. Ein explizites Programm gibt es bei Sibelius nicht. Er lässt die Tondichtung für sich sprechen – als Naturbild, weniger als Mythenerzählung.Absolute Musik hingegen ist die siebte und letzte Symphonie des Komponisten, die den Konzertabend beschließt – einsätzig, nur etwa 20 Minuten lang, trotz oder gerade wegen ihrer Dichte auf dem Höhepunkt seines symphonischen Schaffens.Der Finne Hannu Lintu wird sie dirigieren; er ist seit Beginn dieser Spielzeit Chefdirigent des Finnischen Radio-Symphonie-Orchesters. Beim DSO hatte er im Juni 2009 sein glänzendes Debüt und mit dem Orchester und Angela Hewitt unlängst eine viel beachtete Schumann-CD eingespielt. (nach: Maximilian Rauscher: „Mythos, Meer und Musik“ in DSO-Nachrichten, Ausgabe März/April 2014)

Live aus der Philharmonie Berlin

Jean Sibelius
„Die Okeaniden", Sinfonische Dichtung op. 73

Karol Szymanowski
Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 op. 35

ca. 20:45 Uhr Konzertpause mit Nachrichten
"Mare nostrum - Mare balticum" - Das Mittelmeer im Spiegel der Ostsee
Von Jan Brachmann
Volker Michael im Gespräch mit Hannu Lintu
Jörg Widmann
„Insel der Sirenen" für Solovioline und 19 Streicher

Jean Sibelius
Symphonie Nr. 7 C-Dur op. 105

Christian Tetzlaff, Violine
Leitung: Hannu Lintu