Muziekbiennale Niederrhein

Die Komponisten des 17. und 18. Jahrhunderts sahen im musikalischen Erzählen von Geschichten einen Wesenskern ihrer Berufung. Zahlreiche theoretische Schriften über die "Musica Poetica" oder die "Klangrede" (wie wir es heute nennen würden) zeugen von einem hohen Beliebtheitsgrad der Wahlverwandtschaft zwischen Tonkunst und Poesie.
Der Hamburger Musikgelehrte Johann Mattheson wusste noch 1738 von einem Fall zu berichten, in dem es gelungen war, "auf dem blossen Clavier eine gantze Geschichte, mit Abmahlung der dabey gegenwärtig-gewesenen, und Theil daran nehmenden Personen, samt ihren Gemüths-Eigenschafften gar wol vorzustellen." Im Fall von Johann Kuhnaus "biblischen Sonaten" geht es im Wesentlichen um zwei Personen, und ihr Zusammentreffen beschert uns bis heute einen der faszinierendsten Mythen aus dem Alten Testament: Die Rede ist von David und Goliath, und die Geschichte ist schnell erzählt.

David wurde als jüngster Sohn Isais in Bethlehem geboren. Bereits als Knabe salbte ihn der Prophet Samuel zum künftigen König, und die Geschichte sollte– zumindest in der Version, die Samuel selbst zu Papier gebracht hat – auf unvergleichliche Weise in Erfüllung gehen. Der Hirtenjunge David, der begegnete auf dem Weg zu seinen im israelitischen Heer dienenden Brüdern, denen er Brot und Käse bringen sollte, mit dem Heer der Philister den Gegnern seiner Brüder. Die lästerlichen Reden ihres Anführers, des Riesen Goliath, bringen David derart in Rage, dass der kleine Junge dem Leben des gefürchteten Vorkämpfers der Philister mit Hilfe einer einfachen Steinschleuder ein Ende setzt. Daraufhin erkundigte sich der erste König der Israeliten, Saul, nach dem Jungen und rief ihn zu sich an den Hof.

Kuhnau setzt das Pochen und Trotzen Goliaths ebenso wirkungsvoll in Szene wie das Zittern der Israeliten vor ihrem übermächtigen Feind oder den unmittelbaren Kampf mit Pfeilwürfen und wilden Fluchtszenen.

In der Konstellation Léon Berben (an Orgel und Cembalo) und Frank Arnold (Sprecher) greift der Veranstalter die Idee einer Synchronlesung von Kuhnaus erläuternden Texten und der Wiedergabe der Musik auf, mit der einstmals der niederländische Cembalist Gustav Leonhardt (in den siebziger Jahren) erstmals eine Welle der Begeisterung für das Werk Johann Kuhnaus und das Phänomen der "Klangrede" im Musikalischen Barock ausgelöst hat. (Wolfgang Kostujak)



Muziekbiennale Niederrhein
Aufzeichnung vom 30.10.10
Paterskirche Kempen


Johann Kuhnau
Musicalische Vorstellung einiger biblischer Historien (1700)

1. Der Streit zwischen David und Goliath
2. Der von David vermittelst der Music curirte Saul
3. Jacobs Heyrath
4. Der todtkrancke und wieder gesunde Hiskias
5. Der Heyland Israelis, Gideon
6. Jacobs Tod und Begräbniß


Léon Berben, Cembalo und Orgel
Frank Arnold, Sprecher

nach Konzertende ca. 21:35 Uhr Nachrichten