Musizieren mit dem Smartphone

Von Tarik Ahmia |
Musikhören auf dem Multimedia-Handy ist heute eine Selbstverständlichkeit. Dabei haben die Smartphones der gängigen Marken musikalisch eigentlich viel mehr drauf, als nur Audio-Dateien abzuspielen. Denn immer neue Anwendungen machen die leistungsfähigen Kleincomputer zu neuartigen Musikinstrumenten, die auch für Anfänger leicht zu beherrschen sind.
Der bekannte britische Musiker Brian Eno hat sich ein Programm namens BLOOM ausgedacht, das ein Smartphone in eine interaktive Klangskulptur verwandelt. BLOOM verbreitet atmosphärische Musik, die sich intuitiv steuern lässt.

Das Fenster zur BLOOM-Welt ist der Bildschirm des Handys. Wenn man mit dem Finger darauf tippt, reagiert das Gerät grafisch und visuell: Es erklingt ein glockenähnlicher Ton und an der Berührungsstelle wächst ein Kreis, der an eine Blüte erinnert, die sich langsam öffnet. Weitere Berührungen lösen neue Klänge und Kreise aus, die sich je nach ihrer Position auf dem Display anders anhören. Nach und nach entsteht so eine Art Klangmeditation auf einem anhaltenden sphärischen Grundakkord.

Wer einen konkreten Song im Sinn hat, greift auf Tonstudios für die Hosentasche zurück.
Damit lassen sich per Touchscreen eigene Arrangements zusammenbasteln. Die Programme enthalten als Instrument e meist verschiede Synthesizer- und Gitarrensounds sowie ein komplettes Schlagzeug. Ebenso können Klänge selbst aufgenommen werden, die sich als Klangbaustein in den Arrangements einsetzen lassen. Diese Programme werden auch Sequenzer genannt, weil die Musik aus sich wiederholenden Klangsequenzen bestehen. In jedem dieser Arrangements werden Klangschleifen von mehreren Instrumenten übereinander geschichtet.

Das Fundament eines Songs ist meist der Grundrhythmus, auf ihn lassen sich per Touchscreen Ton für Ton weitere Instrumente ergänzen. Nach und nach entstehen so mehrspurigen Aufnahmen. Wegen des Baukastenprinzips eignen sich die Hosentaschen-Sequencer besonders für elektronische Musik, die häufig auf der Wiederholung von Klangmustern aufbaut. So verwandelt sich ein Smartphone zum tragbaren Notizblock für Komponisten, DJs und Produzenten.

Wer es rockiger mag, der kann mit Hilfe des Programms "Voice Band" allein mit Hilfe seiner Stimme eine ganze Band programmieren. Die Software eignet sich auch für absolute Anfänger. Um mit "Voice Band" Songs aufzunehmen, singt der Smartphone-Musiker dem Programm einfach vor, was die Instrumente jeweils spielen sollen. Zur Auswahl stehen E-Gitarre, Bass, Schlagzeug, Saxophon und Synthesizer. Um eine ganze Band zu simulieren werden auch hier die Instrumente nacheinander eingesungen. Hier fängt zum Beispiel die Bass-Gitarre an. Dann kommt das Schlagzeug dazu. Wenn die Rhythmus- und Gitarrenparts vollständig sind, folgt zu guter Letzt der Gesang. Mit Voice Band einen eigenen Rocksong aufzunehmen, macht wirklich Spaß.

Zu einer ganz eigenen Disziplin hat sich auf den Smartphones das virtuelle Gitarrenspiel entwickelt. Anders als bei "Voice Band" wird hier die Melodie nicht einfach vorgesungen. Die Smartphone-Gitarren verlangen noch nach echter Fingerfertigkeit. Dazu verwandelt sich der berührungsempfindliche Bildschirm des Telefons in ein Gitarrengriffbrett.

Auf dem kleinen Display müssen die Saiten dann mit der linken Hand gegriffen und mit der rechten angeschlagen werden - eine motorische Herausforderung … Einige Gitarrenprogramme vereinfachen die Handhabung, indem sich der Akkord, den normalerweise die linke Hand greift, mit einer Bildschirmberührung wechseln lässt.

Wo ein Smartphone musiziert, da ist der Weg nicht weit, um gemeinsam Musik zu machen.
Andere Smartphone Musiker tun sich wie in diesem Beispiel zu Instrumentalbands zusammen. Auf der Internet-Plattform Youtube ist der U-Bahn-Auftritt einer Rockband aus Hong Kong zu sehen. Die Musiker sind jeweils mit einem Smartphone-Instrument und einem kleinen Umhängelautsprecher ausgerüstet und spielen in dem vollbesetzten Metro-Wagen zur Freude des Publikums einen Song.

Die US-Rockband "The 88” spielt in klassischer Besetzung nur mit echten Instrumenten und benutzt ein ganz normales Smartphone als mobiles Aufnahmestudio. In einem Video lässt sich verfolgen, wie die Band Ihre aktuelle Single daheim mit einem Handy aufnimmt.

Musizieren mit dem Smartphone soll und kann das Beherrschen eines echten Instrumentes nicht ersetzen. Aber die neuen Anwendungen laden alle zum spielerischen und kreativen Umgang mit Musik ein. Es wirkt dabei motivierend, dass sich auch ohne große musikalische Kenntnisse auf dem Handy schnell überzeugende Ergebnisse vorweisen leisen. Menschen, die sich bisher nicht trauten, selber Musik machen, können sich nun viel leichter dafür begeistern. Und wem so der Einstieg erleichtert wird, der greift vielleicht bald auch zu einem echten Instrument.