Musiktheater

Ägypten liegt am Rhein

Von Uwe Friedrich |
In Bonn gelingt mit Verdis "Aida" die Synthese zwischen großer Repräsentationsoper und kleinem, detailliert gestaltetem Liebesdrama.
Mit einem "Großen Festakt anlässlich des Sieges unserer tapferen Streitkräfte über die barbarischen und feigen Horden der Aggressoren" feiert die ägyptische Gesellschaft die Rückkehr des siegreichen Feldherrn Radamès aus dem Krieg gegen die Äthiopier. Dieses Ägypten liegt allerdings offenbar am Rhein, denn Bühnenbildner Dieter Richter verlängert den Zuschauerraum des Bonner Theaters mit seiner Holztäfelung und dem leicht protzigen Marmor auf die Bühne. Schließlich war dieses Opernhaus einst Teil der Repräsentation und Machtausübung der Bundesrepublik Deutschland vor dem Regierungsumzug nach Berlin.
Wie ein Bericht aus prähistorischer Zeit kommt das dem heutigen Besucher des inzwischen doch wieder recht schläfrigen Städtchens am Rand des Siebengebirges vor. Auf der Bühne ist jedoch mächtig was los: Kriegsversehrte huldigen ihrem König in der Intendantenloge, Mütter weihen ihre Säuglinge dem Krieg, abgeschlagene Arme der Gegner werden als Trophäen präsentiert und zwischendurch schwingen Cheerleader aufreizend die langen Beine, eine Domina präsentiert ihren als Krokodil verkleideten Lustsklaven. Auch einen aktuellen lokalpolitischen Seitenhieb verkneift Regisseur Dietrich Hilsdorf sich nicht, indem er den Bonner Oberbürgermeister, der noch vor kurzem sein Theater abwickeln und vom nahegelegenen Köln aus mitbespielen lassen wollte, ironisch als Förderer der Künste präsentiert.
Staatsaktion und Eifersuchtsdrama
Giuseppe Verdis Oper "Aida" besteht eigentlich aus zwei Teilen: Die dröhnende Haupt- und Staatsaktion mit Triumphmarsch und Priesterritualen auf der einen Seite und das intime Kammerspiel zwischen der Sklavin Aida (Yannick-Muriel Noah) und der Königtöchter Amneris (Tuija Knihtilä), die beide in den Feldherrn Radamès (George Oniani) verliebt sind. Für die Kammerspielszenen verkleinert Bühnenbildner Dieter Richter den Raum zu einem engen Zimmer an der Bühnenrampe, wo das Eifersuchtsdrama seinen Lauf nimmt. Der repräsentative Teil des Geschehens findet hingegen zum großen Teil im Zuschauerraum und auf der Hauptbühne statt. Das funktioniert auch akustisch wunderbar, weil Chor und Trompeten direkt auf das Publikum eindröhnen und so das private Seelenleben der Protagonisten von allen Seiten in die Zange genommen wird, die aber immer gut hörbar bleiben.
Dirigent Will Humburg treibt das Beethoven Orchester Bonn mit theatralischen Gesten in große Exaltationen, findet aber auch immer wieder den intimen Ton, um seinen Sängern feine Gestaltungsmöglichkeiten zu lassen. So gelingt dem gesamten Team die Synthese zwischen großer Repräsentationsoper und kleinem, detailliert gestaltetem Liebesdrama. Einzelne, vehemente Buhs, die der Chordirektor unverdient abbekam, waren wohl für den Regisseur gedacht, ansonsten herrschte einhelliger Publikumsjubel.
Informationen der Oper Bonn zur Inszenierung von "Aida"
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