Musikmesse

Kreativ für einen armen Markt

Blick Bassy singt auf der MASA. Geboren ist Bassy in Kameruns Hauptstadt Yaoundé. Blick Bassy beherrscht die Musikformen Bolobo (Gesang der Fischer), Dingoma (zur Amtseinführung von Mbombock-Häuptlingen gespielt), Bekele (Hochzeitsmusik), Hongo (Begräbnismusik) und Assiko (zur Tanzunterhaltung). Seine erste Band hieß "Jazz Crew".
Blick Bassy singt auf der MASA in Abidjan - der Kameruner ist weltweit bekannt © Deutschlandradio / Martina Zimmermann
Von Martina Zimmermann  · 06.03.2014
Bands, Tanztruppen, Theatertruppen, Erzähler und Humoristen vom gesamten afrikanischen Kontinent präsentieren sich und ihre Kunst auf der MASA, dem Markt der Künste in Afrika. Neben den Shows wird auch über den afrikanischen Musikmarkt diskutiert.
Was als Mega-Event angekündigt wurde, fiel letztendlich eine Nummer kleiner aus: Stars wie Salif Keita aus Mali oder die Rapper P-Square aus Nigeria waren nur zum Auftakt da und spielten vor dem Premierminister und den ivorischen Ministern sowie vor anderen hohen Funktionären der Francophonie. Der Reggaestar der Elfenbeinküste, Alpha Blondy, soll die Messe in Abidjan am Samstag offiziell mit einem Konzert beschließen. Doch das eigentlich Interessante auf diesem Markt "marché des arts du spectacle africain"- dem Marktplatz für die performativen Künste Afrikas, kurz MASA - sind die neuen Talente. Kone Dodo ist der Direktor des Kulturpalastes, wo die meisten Shows stattfinden:
"Wir haben etwa 250 Professionelle aus der Branche eingeladen, Festivaldirektoren, Produzenten, Musiklabels aus Afrika und aus Europa. Die schauen sich an was hier passiert und kaufen eventuell Shows ein. Es gibt heute doch viele Afrikaner mit einer internationalen Karriere. Viele von ihnen haben wie Alpha Blondy, Tiken Jah oder Magic System auf dem MASA angefangen."
Kone Dodo ist der Direktor des Kulturpalastes, wo die meisten Shows des "marché des arts du spectacle africain" stattfinden.
Kone Dodo ist der Direktor des Kulturpalastes des MASA© Deutschlandradio / Martina Zimmermann
Diesen Markt gibt es seit 1993. Er fand alle zwei Jahre in Abidjan statt, bis Krise und Bürgerkrieg für eine sieben Jahre dauernde Pause sorgten. Finanziert wird das Festival von der Internationalen Organisation der Francophonie und vom ivorischen Kulturministerium. Blick Bassy aus Kamerun verdankt seine Karriere diesen Netzwerken der französischen Kulturinstitutionen. Er war 1998 zum ersten Mal auf dem MASA:
"Ich singe auf Bassa und meine Rhythmen kommen von der Kultur der Bassa-Ethnie. Aber weil ich in französischen Instituten auftrat fanden manche Kameruner, ich mache Musik für Weiße! Es ist wirklich wichtig dass nun auch afrikanische Festivals zeitgenössische Kultur anbieten."
"Wir brauchen auch Kulturevents in Afrika"
Unter den wenigen englischsprachigen Bands sind die Äthiopier des Addis Accoustic Projects. Sie verbinden äthiopische Musik der frühen 60-er-Jahre mit zeitgenössischen Stilen und geben Konzerte im Ausland - von New York bis Rudolstadt. Bassist Hanock Tamaskan:
"Wir spielten viel in Europa und den Vereinigten Staaten, aber wir brauchen auch Kulturevents in Afrika. Wir organisieren selbst ein Festival in Addis Abeba. Unser Festival ist erst fünf Jahre alt und wir wollen hier von der Erfahrung der anderen lernen und eine freundschaftliche Verbindung aufbauen, um Künstler oder Ideen auszutauschen."
Tanzvorstellungen finden im Goethe-Institut in Abidjan statt. Direktorin Henrike Grohs erinnert an den legendären Ruf des MASA als Treffpunkt der Szene aus Afrika und Europa.
"MASA lebt ganz stark von diesem Ruf und dem Wunsch, dass es das wiedergibt, kämpft aber noch sehr mit den Folgen der langen Krise, den fehlenden professionellen Orten um Produktionen zu präsentieren. - Es gibt viele logistische Probleme. Was ich faszinierend finde, ist dass ganz viele Festivalleiter und Organisatoren aus anderen Ländern einfach mithelfen das Programm zu organisieren, die Unterkünfte zu regeln."
"Man muss lernen, auf einem armen Markt zu arbeiten"
Auf dem "marché des arts du spectacle africain" finden auch Podiumsdiskussionen statt - das Thema ist Kunst und Musik aus Afrika
Diskussion über die Zukunft afrikanischer Musik© Deutschlandradio / Martina Zimmermann
Die Organisation geht mit viel Improvisation über die Bühne, aber man denkt an die Zukunft der Kunst in Afrika: Diese achte Ausgabe des MASA hat die digitale Herausforderung als zentrales Thema. Die Französin Sylvie Clerfeuille-Seck referiert während der Podiumsdiskussion, dass der afrikanische Markt zwar noch weniger als ein Prozent des Musikweltmarktes ausmacht, dass aber Internet-, Unterhaltungs- und Telekomkonzerne auf den Kontinent drängen. Die Afrikaner hören zu 70 Prozent einheimische Musik, deshalb seien die Konzerne an afrikanischen Inhalten interessiert.
"Man kann eine Industrie entwickeln, die anders als Eisen oder Diamanten unerschöpflich ist. In Nigeria wurden 2011 dank der Klingeltöne 150 Millionen Dollar verdient! Indien gehört heute zu den zehn Ländern, die am meisten Musik übers Internet verkaufen obwohl dort nur ein Prozent der Bevölkerung eine Kreditkarte besitzt. Man muss lernen auf einem armen Markt zu arbeiten."
Ziemlich harte Kritik gab es an den französischsprachigen Ländern Westafrikas, die keinerlei Zahlen veröffentlichen. Besonders angegriffen wurde die Wahrnehmungsgesellschaft der musikalischen Rechte der Elfenbeinküste: Wer kassiert wie viel für wen? fragten Künstler aus dem Publikum. Obwohl die Präsidentin der Gesellschaft eine Rechtfertigung versuchte, blieb die Frage offen, ob die afrikanischen Künstler tatsächlich zu ihrem Recht kommen.