Musikfilmfestival Unerhört in Hamburg

Früher Musikertod war gestern

Black Sabbath-Sänger Ozzy Osbourne bei einem Konzert der Band in Budapest.
Wie hält er sich nur auf den Beinen? Altern im Rock wird mehr und mehr zum Thema - hier: Ozzy Osbourne. © picture alliance / dpa / EPA / Balazs Mohai
Von Juliane Reil |
Verzweiflung, Weltschmerz, früher Tod - natürlich sind das noch immer Themen in der Rockmusik. Doch zum Alltag gehören nun auch die alternden Helden der Populärkultur mit all ihren Gebrechen. Das Musikfilm-Festival "Unerhört" macht ihr Schicksal zum Thema.
Der Musikfilm besetzt nach wie vor nur eine Nische in der Popkultur. Dabei ist er allein schon als Spiegel und Chronist von Popmusik ein wichtiger Teil von ihr. Vor elf Jahren gründete sich das Unerhört Filmfestival Hamburg und es widmet sich seitdem diesem speziellen Filmformat. In diesem Jahr präsentiert es eine Premiere: den Reeperbahn Festival Music Film Contest. Fünf Tage, 24 Filme und am Ende ein Gewinner.
Das übergreifende Thema des diesjährigen Festivals lautet: "Stayin' Alive". Es steht für das große Thema des Überlebens in der Musik. Dabei geht es um charismatische Künstler, die eben auch Überlebenskünstler sind. Das Überleben ist insbesondere in der Musik nicht selbstverständlich, denn in aller Munde ist ja dieser vielbesprochene "Club 27", wozu die Musiker zählen, die mit 27 starben oder sich das Leben nahmen, etwa Jimi Hendrix, Kurt Cobain, die nach ihrem Tod oder auch durch ihren Tod zum Mythos wurden.

Einweisung in die Entzugsklinik und später der natürliche Tod

Gleichzeitig aber soll es bei diesem Festival darum gehen, dass die Musik die Kraft zum Überleben gibt. Eines der Beispiele dafür bei diesem Festival ist der Film "Könige der Welt" über den Comeback-Versuch einiger ehemalige Mitglieder von Union Youth. Die Band wurde in den 00er Jahren als deutsche Antwort auf Nirvana gehypt. Der Film nun begleitet den Sänger heute, erzählt von seiner Einweisung in die Entzugsklinik und von seinem Kampf auf die Bühne zurück. Daraus ein Ausschnitt:

Dieses Thema des Überlebens oder des Todes aus Verzweiflung am Leben ist in der Popmusik ein Klassiker und liegt wieder schwer im Trend. Heute allerdings begegnen die Filme diesem Thema mit einer neuen Dimension: Dabei geht es nicht um den blutjungen Rebellen, der sich den goldenen Schuss setzt, sondern wir erleben die erste und zweite Generation von Rockstars, die eines natürlichen Todes sterben – etwa David Bowie, Leonard Cohen, Lemmy Kilmister. Mit ihnen erleben wir das Altern von Jugend – von Popkultur, hier aber fehlt dann das tragische Moment. Stattdessen aber beginnt die Popmusik sich selbst zu historisieren, wie der Programmleiter vom Unerhört Musikfilmfestival, Stefan Pethke erklärt:

"Wenn man dann Ozzy Osbourne dabei zuhören darf, was er alles durch sein Rock'n'Roll geprägtes Leben noch erinnert, dann fragt man sich überhaupt, wie es kommt, dass dieser Mann überhaupt noch lebt. Das Überleben aus so einer Art geschichtlichen Perspektive: Wie haben wir es überhaupt bis hierher geschafft? Der Film ist ja unter anderem auch das: ein Aufbewahrungsmittel für solche Erinnerungen, also über die Generation hinaus, die das selbst erlebt hat."
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