Musikfestival Kissinger Sommer

Sensationsorchester aus dem Ural zu Gast in Deutschland

Der russische Dirigent Dmitri Liss mit dem Ural Philharmonic Orchestra bei einem Konzert während des Festivals "Folle Journee de Nantes" in Nantes.
Das Ural Philharmonic Orchestra spielte 2018 mehrere Konzerte in der Bundesrepublik, unter anderem in Berlin. Jetzt kommt es erneut nach Deutschland. © Peter Adamik
Moderation: Stefan Lang |
Manche nennen es das "Wunder von Jekaterinburg": Das Ural Philharmonic Orchestra gilt als eins der besten Orchester Russlands - und gastiert jetzt beim Kissinger Sommer, unter anderem mit Tschaikowskys "musikalischem Ehetagebuch".
Es entstand 1936 als Rundfunkorchester am äußersten Zipfel Europas, in Jekaterinburg - das Ural Philharmonic Orchestra. Unter der Leitung von Dmitry Liss hat es sich seit 1995 zu einem der besten Orchester Russlands hochgespielt. Es tourt inzwischen weltweit, spielt regelmäßig im renommierten Petersburger Mariinski-Theater - und kommt am 28. Juni zum Musikfestival Kissinger Sommer.
Der Dirignet steht im Foyer der Berliner Philharmonie vor bunten Glasaugen-Fenstern.
Dirigent Dmitry Liss reist mit seinem Orchester viel um die Welt.© Peter Adamik
Das Konzert beginnt mit Gioachino Rossinis Ouvertüre zu seiner Oper "Die diebische Elster". Trommelwirbel kündigt den bevorstehenden Strafvollzug an - eine Magd soll angeblich Schmuck und Besteck von hohem Wert gestohlen haben. Kurz bevor es zu spät ist, wird der Irrtum aufgeklärt: Elstern haben Blinkendes und Blitzendes in ihr Nest geholt. Die Hinrichtung einer Unschuldigen kann noch abgewendet werden.

Wunderkind spielt Teufelsgeiger

Als Solist mit auf dem Podium ist der russische Geiger Sergej Krylov, der nach einer beeindruckenden Wunderkindkarriere zur ersten Riege in seinem Fach gehört. Krylov spielt das fünfte Violinkonzert von Niccolò Paganini.
Der "Teufelsgeiger" komponierte es einst für sich selbst, baute alle Finessen und raffinierte Showeffekte ein. Es ist Paganinis letztes Konzert. Erstaunlich, dass sich zwischen all der virtuosen Hast im zweiten Satz plötzlich ein idyllischer Friede breit macht, als ob Paganini innerlich zur Ruhe gekommen sei.
Porträt des Geigers, über seine in Haltung gebrachte Geige hinweg.
Sergej Krylov spielt seit frühen Kindertagen auf der Geige.© Sergej Krylov / Mary Slepkova
Der Komponist war allerdings zu krank, um das Werk selbst aufzuführen. Es lag lange vergessen und unvollständig in einem Archiv. Erst 1959 konnte es, mit nachträglich rekonstruiertem Orchesterpart, uraufgeführt werden.

Tschaikowskys Ehetagebuch

Zuletzt auf dem Programm steht Musik von Peter Tschaikowsky. Seine vierte Sinfonie gilt als Meilenstein der russischen Musikgeschichte. Das hochemotional aufgeladene Werk entstand Ende der 1870er-Jahre und spiegelt seine Ehe, die nichts als Fassade war. Tschaikowskys Verbindung mit Antonia Miljubkowa entpuppte sich als Desaster, der Komponist konnte keine enge Bindung zu ihr aufbauen. Die Erwartungen an eine bürgerliche Ehe führten Tschaikowsky schließlich in eine tiefe psychische Krise und an den Rand der Verzweiflung.
Vielleicht war es die Musik, die ihm einen letzten Halt gab. Tschaikowsky komponierte aus tiefster Seele, und zutiefst "Russisch" wird hier interpretiert. In großen Gesten betonen Dirigent Liss und sein Orchester die emotionale Fülle.
(cdr)
Live aus dem Max-Littmann Saal des Kurhauses in Bad Kissingen
Gioacchino Rossini
Ouvertüre zur Oper "La gazza ladra" (Die diebische Elster)
Niccolò Paganini
Violinkonzert Nr. 5 a-moll
ca. 21 Uhr Konzertpause
Peter Tschaikowsky
Sinfonie Nr. 4 f-moll op. 36

Sergej Krylov, Violine
Ural Philharmonic Orchestra
Leitung: Dmitry Liss

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