Musikfest Berlin

Der Geist hilft alle tausend Jahre

Der Chefdirigent des Rundfunkchors Berlin, Gijs Leenaars
Der Chefdirigent des Rundfunkchors Berlin, Gijs Leenaars © Hans van der Woerd/Rundfunkchor Berlin
30.09.2015
Der Rundfunkchor Berlin hat einen neuen Chefdirigenten - vor zehn Tagen hat sich Gijs Leenaars im Rahmen des Musikfests Berlin vorgestellt, mit einem sehr anspruchsvollen Programm mit Musik von Schütz, Bach und Schönberg. Dieses Antrittskonzert senden wir an diesem Abend.
Sakral und suchend zugleich sind die Inhalte der großen Chorwerke, die der Rundfunkchor Berlin in voller Besetzungsstärke unter Leitung seines neuen Chefdirigenten interpretiert hat. Ob nun der hochbarocke Heinrich Schütz in venezianischer Pracht die Gerechtigkeit des Herrn preist, ob nun Johann Sebastian Bach in zeitlos schöner und tröstender Melancholie die Müdigkeit des Leibes und die Hoffnung auf Erlösung vertont oder Arnold Schönberg seine Zweifel an der Menschheit in bestechend prägnante späte Gesangsminiaturen packt - die Qualitäten eines großen Chores werden in einem solchen Programm auf ganz unterschiedlich Weise gefordert.
Differenzierter Raumklang einerseits, andererseits komplexe Vielstimmigkeit oder - zum Schluss dieses Abends - spätromantische Überwältigungskunst in dem massigen "Friede auf Erden", das der noch recht junge Arnold Schönberg zu Beginn des Jahrhunderts komponierte, als noch nicht abzusehen war, dass diese Epoche alles andere außer Frieden bringen würde - eine ungeheure Bandbreite an Vokalkunst steckt in diesem Programm.
Die nicht besonders große Passionskirche am Kreuzberger Marheinekeplatz ist als Konzertort für Moderne Musik, für Jazz und Weltmusik eingeführt. Als "late night concert" stand nun das Antrittskonzert Gijs Leenaars am vorletzten Abend des Musikfests Berlin an diesem Ort an. Von den Emporen und vom Altarraum aus gaben die Sängerinnen und Sänger des Rundfunkchors einen ersten Eindruck davon, wie gut und intensiv sie mit ihrem neuen künstlerischen Leiter zusammenarbeiten.
Der Niederländer Gijs Leenaars - Jahrgang 1978 - war zuvor Leiter des Niederländischen Rundfunkchores und hat bei diesem Ensemble schon viele Erfahrungen gesammelt, nicht nur in der musikalischen Arbeit, sondern auch darin, was es bedeutet, beinahe täglich und immer aufs Neue die Notwendigkeit eines öffentlich finanzierten Profichores beweisen zu müssen. Er tritt damit die Nachfolge des überaus beliebten und erfolgreichen britischen Dirigenten Simon Halsey an.
Musikfest Berlin
Passionskirche, Berlin
Aufzeichnung vom 19. September 2015
Heinrich Schütz
Deutsches Magnificat SWV 494
Arnold Schönberg
"Dreimal tausend Jahre" op. 50a
Johann Sebastian Bach
"Der Geist hilft unser Schwachheit auf" BWV 226
Arnold Schönberg
"De profundis" (Psalm 130) op. 50b
Heinrich Schütz
"Ist nicht Ephraim mein teurer Sohn" SWV 40
"An den Wassern zu Babel" SWV 37
"Die mit Tränen säen" SWV 42
Johann Sebastian Bach
"Komm, Jesu, komm" BWV 229
Arnold Schönberg
"Friede auf Erden" op. 13
Aleke Alpermann, Violoncello
Wieland Bachmann, Kontrabass
Christine Kessler, Orgel
Rundfunkchor Berlin
Leitung: Gijs Leenaars