Musikfest Berlin

Adams dirigiert Adams

John Coolidge Adams, amerikanischer Komponist und Dirigent, bei einer Probe in der Kölner Philharmonie.
John Coolidge Adams, US-amerikanischer Komponist. © picture alliance / Hermann Wöstmann
15.09.2016
Gipfeltreffen der Orchester: Das Musikfest Berlin bringt im September die bedeutendsten Klangkörper in die Hauptstadt. An diesem Abend: Der Komponist John Adams debütiert bei den Berliner Philharmonikern als Dirigent.
Alljährlich werden zum Saisonauftakt in Berlin die orchestralen Kräfte gebündelt: Die Berliner Festspiele richten in Zusammenarbeit mit den Berliner Philharmonikern das Musikfest Berlin aus.
Früher unter dem Namen "Berliner Festwochen" eine Institution der westdeutschen Nachkriegskultur, findet das Festival in dieser Form nun zum zwölften Mal statt. Hier treffen die Klangkörper der vereinigten Hauptstadt auf die großen Orchester der Republik und der internationalen Szene. Doch geht es nicht in erster Linie um eine sinfonische Leistungsschau, sondern um Konzepte.
Im Gegensatz zu vielen anderen Festivals dieser Größenordnung setzt Programmchef Winrich Hopp auf klare dramaturgische Linien, vertritt konsequent das Erbe der Moderne und stellt überraschende Querbezüge her.
Als Medienpartner dokumentiert Deutschlandradio Kultur das Musikfest Berlin in lockerer Folge mit der Übertragung von acht Sinfoniekonzerten, drei Kammerkonzerten und dem "Quartett der Kritiker".
In diesem Jahr richtet sich der Blick nach Amerika: Das Festivalprogramm streift mit San Francisco (John Adams) und Los Angeles (Filmmusik) die Musikmetropolen der US-Westküste und erobert dank des Pionierwerks "Déserts" von Edgard Varèse die Wüste New Mexicos. Von Varèse (1883-1965) sind insgesamt nur 16 Stücke überliefert, sein Gesamtwerk passt auf zwei CDs, und dennoch ist er einer der wichtigsten Komponisten des 20. Jahrhunderts – ein Visionär, der viele jüngere Musiker anregte.
Beim diesjährigen Musikfest wird Varèse nicht nur gespielt, er steht auch wie eine graue Eminenz hinter den Programmen: Mit Ferruccio Busoni kommt ein früher Mentor Varèses zu seinem Recht, auch er ein Vordenker der Moderne. Varèse seinerseits beeinflusste Pierre Boulez und den angehenden Rockmusiker Frank Zappa, deren Werke ebenfalls auf dem Musikfestprogramm zu finden sind. Varèse und Boulez wiederum inspirierten den jungen Wolfgang Rihm; ihm ist ein weiterer Musikfest-Schwerpunkt gewidmet.
Im heutigen Konzert ist der Komponist John Adams in der ungewohnten Rolle als Interpret zu erleben.
Der 1947 Geborene debütiert am Pult der Berliner Philharmoniker, denen er in dieser Saison als "Composer in Residence" verbunden ist.
Adams‘ Musik entstammt dem verbindlichen Geist des amerikanischen Minimalismus und bildet so einen deutlichen Kontrast zu den erhabenen Moderne-Konzepten, die mit den anderen Komponisten des diesjährigen Musikfestes in der Regel verbunden wird.
"Scheherazade.2" lehnt sich an die Form eines programmatischen Solokonzerts an, wie es Hector Berlioz in seinem "Harold en Italie" geschaffen hat. Inhaltlich geht Adams in dem 2015 vollendeten Werk der Frage nach, "was eine Scheherazade unserer Zeit sein könnte", womit die Frauen gemeint sind, die sich heutzutage religiösen Fanatikern entgegenstellen.
Musikfest Berlin
Live aus der Philharmonie Berlin
John Adams
"Harmonielehre" für Orchester
ca. 20.55 Uhr Konzertpause
John Adams
"Scheherazade.2." - dramatische Sinfonie für Violine und Orchester

Leila Josefowicz, Violine
Berliner Philharmoniker
Leitung: John Adams