Musikfest Berlin 2018

Gipfelsturm im Banne Wagners

Der Dirigent Manfred Honeck schaut mit aufgestützem Kinn in der Hand direkt in die Kamera.
Sherpa der sinfonischen Gipfelstürmer: Der österreichische Dirigent Manfred Honeck © Manfred Honeck / Felix Broede
Moderation: Ruth Jarre · 04.09.2018
Das Concertgebouw-Orchester Amsterdam gehört zu den besten Klangkörpern der Welt. Und es ist ein Stammgast beim Musikfest Berlin. In diesem Jahr dirigiert Manfred Honeck die Amsterdamer mit Werken von Webern, Berg und Bruckner.
Auf der Suche nach Extrembergsteigern würde man sich vermutlich nicht zuerst in den Niederlanden umsehen. Was für den Sport gelten mag, trifft auf die Musik nicht zu, denn die Massive der österreichischen Orchesterliteratur des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts werden von wenigen Musikern mit einer solch traumwandlerischen Sicherheit erklommen wie von den Mitgliedern des Koninklijk Concertgebouworkest Amsterdam.

Bruckner an der Nordsee

Schon Gustav Mahler dirigierte seine Sinfonien lieber in Amsterdam als anderswo – und er hatte immerhin den Vergleich zu den Wiener, Berliner und New Yorker Philharmonikern. In der Mitte des 20. Jahrhunderts brachten die Chefdirigenten Eduard van Beinum und Bernard Haitink dem Concertgebouw-Orchester dann Bruckner nahe. Die Ergebnisse waren auch beim Musikfest Berlin zu bestaunen, wo die Amsterdamer etwa unter Mariss Jansons eine überragende Aufführung von Bruckners Dritter Sinfonie gespielt haben.
Der österreichische Dirigent Manfred Honeck, einst Bratscher der Wiener Philharmoniker und heute Chef des Pittsburgh Symphony Orchestra, lenkt die Amsterdamer also auf vertrautes Terrain, wenn er mit ihnen ebenfalls Bruckners Dritte angeht. Dem monumentalen zweiten Teil steht eine konzise erste Programmhälfte gegenüber, in der Anton Weberns Streicherstücke op. 5 und Alban Bergs Orchesterlieder nach Texten von Peter Altenberg op. 4 erklingen.

Wagnerianische Wehmut

So sehr sich die Werke der beiden Schüler Arnold Schönbergs von Bruckners Sinfonik unterscheiden, so sehr eint sie doch der gemeinsame Bezugspunkt: Bruckner widmete sein Werk Richard Wagner, Berg und Webern schufen ihre Stücke als glühende Wagnerianer. Bei aller Modernität ist in Weberns Seufzermotiven eine tiefe Verwurzelung in der altösterreichischen Musik zu erleben, und Berg kann die Nostalgie in seinen hochdifferenzierten Liedern kaum zurückhalten. Und noch etwas haben diese Werke gemeinsam: Sie alle lösten heftige Publikumsreaktionen bis hin zu Schlägereien im Saal aus. Heute sind sie für ein repräsentatives Festivalprogramm gerade recht…
Musikfest Berlin
Live aus der Philharmonie Berlin
Anton Webern
Fünf Sätze für Streichquartett op. 5 (Fassung für Streichorchester)
Alban Berg
Fünf Orchesterlieder nach Ansichtskartentexten von Peter Altenberg op. 4
ca. 20.35 Uhr Konzertpause, darin: Olaf Wilhelmer über Entstehung und Rezeption der Dritten Sinfonie von Anton Bruckner
Anton Bruckner
Sinfonie Nr. 3 d-Moll (3. Fassung 1889)

Anett Fritsch, Sopran
Koninklijk Concertgebouworkest
Leitung: Manfred Honeck

Dolby Digital 5.0 über Satellit
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