Musikerin Anna von Hausswolff

Schreien, Flüstern, Stöhnen

Italy: Anna von Hausswolff at Club To Club Festival 2016 Anna von Hausswolff performing live at Club To Club festival 2016 in Italy. PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY AlessandroxBosio Italy Anna from Hausswolff AT Club to Club Festival 2016 Anna from Hausswolff Performing Live AT Club to Club Festival 2016 in Italy PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY AlessandroxBosio
Markenzeichen: Orgel. Die schwedische Sängerin und Songschreiberin Anna von Hausswolff bei einem Konzert. © imago/Pacific Press Agency
Von Jenni Zylka · 01.03.2018
Die Musik der schwedischen Musikerin und Songschreiberin Anna von Hausswolff ist düster, spannungsgeladen und eigentlich weder live- noch besonders radiotauglich: Am liebsten spielt die junge Frau mächtige Kirchenorgeln, die man mit beiden Händen und Füße bedienen muss. Ein Porträt.
Zu so einer Musik passt am besten Kerzenschein, vielleicht sogar das ewige Licht, das in Kirchen und auf Friedhöfen flackert: Auch auf ihrem neuen, vierten Album, der EP "Dead Magic", bleibt Anna von Hausswolff sich und ihrer Leidenschaft für dunklen Klang und ungewöhnliche Instrumente treu.
Die Kirchenorgelfreundin, Pianistin und Sängerin kreiert in nur fünf Songs, von denen einer über 16 Minuten lang ist, ein poetisches Tableau aus Sound. Denn Songwriting ist für die 31-jährige Schwedin nur ein Begriff, der sich nach Herzenslust dehnen lässt:

"Die Ursprungsidee für einen Song kann auch mal nur ein Sound sein, von dem aus ich weiterarbeite und Muster, Melodien und Harmonien finde. Neulich bin ich im Norden Schwedens mit einer Propellermaschine geflogen, und dieser Propellersound war etwas ganz Besonderes – es klang fast wie eine Art Kehlkopfgesang, sehr eigenwillig – das hat mich fasziniert!"

Dunkel und kraftvoll

Die grazile Musikerin, die in einem Göteborger Künstlerhaushalt aufwuchs und schon mit Lykke Li und den Tindersticks getourt ist, scheint eine Tradition fortzuführen: Ihre Musik ist dunkel und kraftvoll, ihre Stimme setzt sie nach Bedarf auch zum Schreien, Flüstern oder Stöhnen ein. Wie es etwa Björk oder Fever Ray tun, die ebenfalls aus dem Norden Europas stammen. Liegt das also alles nur an den langen Wintern?
"Als ich jünger war hätte ich Nein gesagt, weil mir nicht bewusst war, dass ich skandinavische Musik mache – aber wenn heute jemand skandinavisch sagt, dann kann ich mich darauf einlassen, ich BIN eben aus Schweden, war mein ganzes Leben lang von skandinavischen Musikern umgeben, habe in der Schule die traditionellen schwedischen Volkslieder gesungen – die anderen Musiker haben alle ähnliche Lieder gesungen mit ähnlichen musikalischen Melodien und Harmonien."
Anna von Hausswolff schaut in eine Glaskugel
Anna von Hausswolff.© City Slang / Lady Lusen
Traurig oder gar todessehnsüchtig ist von Hausswolffs EP aber trotz der sakralen Anmutung keinesfalls. Dass sie - wie schon auf anderen Alben – Kirchenorgel spielt, ist ohnehin eher Zufall: Das war DER Sound, der von Hausswolff auf ihrem Synthesizer am besten gefallen hatte.

Als Musikerin unabhängig

Für Anna von Hausswolff sind jene Regeln kein Thema, denen sich Radiosongs in Länge und Soundspektrum unterordnen müssen, jedenfalls wenn sie auf Airplay spekulieren. Ihre Unabhängigkeit ist ihr wichtiger. Auch und besonders als Musikerin.

In Schweden sind Frauen sehr gut darin, ihren Platz zu behaupten – sogar, wenn es um aggressivere Arten von Musik geht.
Atmosphärisch erinnert von Hausswolffs Liveshow an Filmmusik– ob Grusel- oder Experimentalfilm kommt auf persönliche Assoziationsvorlieben an. Die Künstlerin selber assoziiert kräftig mit:
"Ich sehe Musik in Bildern und in Farben, in Formen, Landschaften, manchmal auch Gerüchen. Und diese Bilder triggern Kreativität und Inspiration – so dass ich während meiner Musik meinen eigenen kleinen Film sehen kann."
Und wer wird denn schon behaupten, dass bei einem Konzert immer alle den gleichen Film sehen müssen?
Mehr zum Thema