Musiker Stefan Waggershausen

„Ich bin ein Bodensee-Aborigine“

32:35 Minuten
Porträt von Stefan Waggershausen.
Als er das erste Mal die Beatles hörte, war Stefan Waggershausen klar, dass er selbst Musiker werden wollte. © Miau Musikverlag GmbH
Moderation: Marco Schreyl · 14.02.2020
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Stefan Waggershausens Musikerkarriere ist lang. Im letzten Jahr erschien mit "Aus der Zeit gefallen" sein 15. Album. Handgemacht, aufgenommen mit viel Zeit und Muße. Oft hat der Singer-Songwriter Neues probiert – gesungen hat er immer auf Deutsch.
Es ist ein berührender Moment für ihn: Nach 34 Jahren betritt Stefan Waggershausen erstmals das alte RIAS-Gebäude, in dem sich heute der Nachfolgesender Deutschlandfunk Kultur befindet. Anfang der 1970er-Jahre trat der Musiker hier mit seiner damaligen Band erstmals auf – im Großen Sendesaal. Bis 1986 moderierte er dann selbst beim RIAS.
"Ich denke, atme, träume in der deutschen Sprache." Seit den 70er-Jahren schreibt der Musiker und Produzent Stefan Waggershausen Songs. Inzwischen sind, mit längeren Pausen, 15 Alben entstanden – alle auf Deutsch. "Da kann ich Wortbilder schaffen, Zwischentöne treffen. In einer anderen Sprache könnte ich das nicht."

Nur handgemachte Musik

Geboren 1949 in Friedrichshafen am Bodensee, kommt Stefan Waggershausen aus einer musikalischen Familie. Der Vater spielte Geige, die Mutter Klavier, zuhause gab es Hausmusik. Doch erst als er die Beatles hörte, war klar, dass er selbst Musiker werden wollte. Nur zur Beruhigung der Eltern studierte er Psychologie mit Abschluss auf Diplom.
Doch anfangs sei schief gelaufen, was schief laufen konnte. "Ich habe ja schon blutjung mit 22, 23 mein erstes Album in London produziert – was ein Riesenflop war." Da sei er "zu jung, zu wild, zu hungrig" gewesen. "Aber irgendwann, nach der depressiven Phase, als es nicht lief, hab ich gesagt: Ich leg nochmal eine Runde ein, mach mal ein bisschen mehr Training in Sachen Musik. Und eines Nachts kam dieses Lied ‚Hallo Engel‘, da hatte ich den Film von Humphrey Bogart angeguckt, und schrieb in einer halben Stunde einen Song, der hat mein Leben dann verändert." Der Song "Hallo Engel", 1980 veröffentlicht, war sein erster großer Erfolg.
"Aus der Zeit gefallen" heißt sein aktuelles Album, das im letzten Jahr erschien. "Ich hab nur handgemachte Musik, also echte Gitarren, echte Violinen, echtes Akkordeon", sagt der 70-Jährige. Manchmal spiele er Songs mehrmals ein mit verschiedenen Instrumenten. "Es ist sehr aufwendig und anachronistisch, und diese Produktionsweise, die ist aus der Zeit gefallen."
Stefan Waggershausen kann sich auch zurücknehmen. Er spiele die Gitarre nur noch ganz selten selbst ein. "Das können die anderen einfach besser." Auch sei er, sagt der Musiker, inzwischen etwas faul. Sein Handy müsse ihn mit einem "Pling" täglich daran erinnern, die Gitarre zur Hand zu nehmen. Er sagt von sich, er sei "vom tiefen Süden seines Herzens ein eher introvertierter Mensch" – eine Anspielung auf seinen gleichnamigen Song.

Traumreise in die Südstaaten

Stark geprägt haben ihn die amerikanischen Südstaaten. Anfang der 1990er-Jahre erfüllte er sich mit einer Reise dorthin einen Traum. Mehrere Monate verbrachte Stefan Waggershausen vor Ort – sein 1995 veröffentlichtes Album trägt den Titel "Louisiana". In diesem US-Bundesstaat entstand ein Teil der Aufnahmen, mit Musikern, die er in einer Kneipe kennenlernte.
"Eine kleine Band kam mit Gitarre, Geige, Akkordeon und Waschbrett und fing an zu spielen. Innerhalb von einer halben Stunde füllte sich das Lokal mit Menschen aus der Umgebung, die alle tanzten. Opa und Oma mit dem Enkel, die jüngeren Frauen, die mittleren Männer", so etwas habe er vorher noch nie erlebt. Nach dem Konzert fragte er die Musiker, ob sie Lust hätten, ein paar Lieder mit ihm aufzunehmen. Die sagten ja. "Und drei Tage später waren wir in West-Louisiana in Crowley in einem kleinen, abgetakelten Studio – da waren unter anderem auch schon die Stones."
Heute lebt Stefan Waggershausen wieder am Bodensee, in Meersburg, und pendelt oft nach Berlin.
"Ich bin ein Bodensee-Aborigine, ein Ureinwohner, das ist meine Heimat", sagt er. Seine zweite Heimat sei Berlin. "Dieses alemannische Grundgefühl habe ich immer noch in mir. Louisiana, die Südstaaten, haben mich sehr daran erinnert, vom Menschenschlag her."
(svs)
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