Musiker Jesper Munk über den Mut zum Imperfekten

"Mehr in die Offensive gehen mit dem verletzlichen Ich"

Der Musiker Jesper Munk sitzt bei einem Konzert vor dem Keybord und wird von hinten durch Scheinwerfer angestrahlt.
Der deutsche Musiker Jesper Munk bei einem Konzert in Hamburg. © dpa / picture-alliance
Moderation: Martin Böttcher · 29.10.2018
Was in der Welt passiert, mache ihm Angst, sagt Jesper Munk. Und als Künstler wisse man oft nicht, ob man eine Karikatur werden müsse, um gehört zu werden. In seinem letzten Video aber habe er sich getraut, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen.
Manchen Musikern kann man dabei zusehen, wie sich ihre Persönlichkeit verändert – man kann nicht nur hören, sondern auch sehen und spüren, wie alles, was sie musikalisch interessiert, in eine andere Richtung geht. Jesper Munk aus München ist so einer. Vor einigen Jahren noch spielte er eine Art Bluesrock und verneigte sich damit vor den Vorbildern seiner Jugend, mit seinem im Frühjahr veröffentlichten Album "Favourite Stranger" aber war auf einmal alles anders. Der inzwischen 26-jährige Munk präsentierte elegante, kluge Pop-Songs - er ist nicht mehr der lässige Musiker im Surferlook, sondern ein nachdenklicher, ernster, melancholischer Künstler.
"In der Welt ist viel passiert", sagt Jesper Munk. "Es hat mir schon wahnsinnig Angst gemacht, was hier jetzt passiert und dass sich meine Perspektive doch so verändert hat, dass ich irgendwann angenommen habe, dass unser Zeitalter besonders abgefucked ist."
Munk ist überzeugt, dass wir in einer Zeit leben, in der alles eine Karikatur von sich selbst ist. Das gelte nicht nur für Politik und Gesellschaft, sondern auch für die Popkultur. Immer wieder beschäftige er sich mit seiner Rolle als Künstler und der Frage, wieviel er von sich selbst aufgeben müsse, um erfolgreich zu sein. "Muss ich meinen Stolz aufgeben, um eine Karikatur zu werden, um relevant zu sein in der jetzigen Popkultur, um ein Sprachrohr zu haben?"
Was ist authentisch? Was ist Fake? Um diese Fragen geht es offenbar auch in seinem Video "Happy when I'm blue". Gedreht hat es Jesper Munk in einem chinesischen Nachbau der Stadt Paris. Melancholisch wandert Jesper durch ein täuschend echt wirkendes und fast menschenleeres Fake-Paris.
"Ich hatte immer wahnsinnig Schiss vor Videos und Angst vor Schauspielerei", sagt Jesper Munk. Bei diesem Video, das er übernächtigt und spontan mit Lewis Lloyd gedreht habe, sei das anders gewesen. Er habe gelernt, sich selbst nicht so ernst zu nehmen und sich deshalb auch auf einem Klo sitzend filmen lassen.
"Mir gibt es eine Riesenfreiheit, das gemacht zu haben. Ich glaube, dass diese Hollywood-Fassade von allen gerade bröckelt. Es muss mehr in die Offensive gegangen werden mit seinem verletzlichen oder imperfekten Ich. Weil, man kriegt's für 15 Minuten hin, mal kurz irgendwie Mister Nice zu zeigen, aber eigentlich habe ich auch eine Neurose. Das muss auch alles raus. Jeder hat 'nen kleinen Knicks."
(mw)
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