Musikalisches Wunderkind und Frauenheld

Von Stefan Zednik · 03.03.2007
Vor allem durch ein Werk ist der Komponist Eugen d'Albert der Nachwelt bekannt geblieben: "Tiefland", eine der auch international populärsten deutschen Opern des 20. Jahrhunderts. Dabei gründete d'Alberts Ruf zunächst auf einer phänomenalen pianistischen Begabung.
Als Eugène d'Albert im Alter von zehn Jahren ein Stipendium für eine musikalische Spezialschule in London erhält, gilt er bereits als besondere pianistische Begabung. Eugène, Eugy, wie die englische Mutter den Namen ausspricht, oder Eugen, wie er selbst sich später nennt: Der 1864 in Glasgow als Sohn eines französischen Tanzkapellmeisters geborene Junge macht schnell Fortschritte und beeindruckt bald die internationalen Größen der musikalischen Szene.

"Mir spielte ein junger Mensch von 16 Jahren vor. Er ist ein Schüler von Pauer, vortrefflich unterrichtet, und ich glaube, er wird ein großer Pianist werden. Er komponiert auch ganz hübsch","

notiert die Grande Dame der deutschen Musikwelt, Clara Schumann, nach einem Besuch in London in ihr Tagebuch. D'Albert - hier auf einem Welte-Mignon-Reproduktionsklavier zu hören - trifft auf den Dirigenten Hans Richter, der ihn als persönlichen Schüler mit nach Wien nimmt. Durch ihn lernt er Brahms, Bruckner und vor allem Liszt kennen. Der ist begeistert und sieht d'Albert als seinen pianistischen Erben.

Doch d'Albert ist nicht zufrieden mit dem Los des international gefeierten Starpianisten, es treibt ihn zur Komposition. Wie seine Zeitgenossen Hans Pfitzner, Engelbert Humperdinck oder Richard Strauss steht er im Bann Richard Wagners, und auch er vermag erst nach einigen epigonalen Versuchen, sich daraus zu befreien. Ausgehend von der Musik des italienischen Verismo komponiert er eine sozialromantische Geschichte um die moralspendende Kraft der Natur: "Tiefland".

Die 1903 in Prag uraufgeführte Oper ist ein großer Erfolg, doch gelingt es d'Albert nicht, diesen Erfolg zu wiederholen. Er versucht sich im Bereich der komischen Oper, schreibt ein mystisches Stück über den Golem, experimentiert mit Jazz. Seine Werke werden zwar aufgeführt, doch sie verschwinden meist nach kurzer Zeit wieder vom Spielplan.

D'Albert liebt Geselligkeit, zu seinen Freunden zählen Franz Werfel, Gerhard Hauptmann und Hermann Hesse. Ende der 20er Jahre trifft man sich häufig im italienischen Rapallo, eine Art deutsche Künstlerkolonie. Alma Mahler-Werfel erinnert sich:

""D'Albert war sternhagelvoll. Im Anfang hatte er schön brav mit Franz Werfel diskutiert, Verdi, Wagner, Beethoven. Die mangelnde 'Ökonomie' Wagners, der 'undramatische' Beethoven, die Impotenz der Atonalen, die 'Musikfabrik' Bachs. Alles musste herhalten, und der kleine Gnom d'Albert kicherte in sich hinein, blinzelte mit seinen müden schlauen Äuglein, rieb sich die Hände und war ganz von sich hingerissen."

D'Albert scheint insbesondere auf Frauen eine große Ausstrahlung gehabt zu haben. Er hatte acht Kinder, heiratete sechsmal, zuletzt 1921 die junge Hilde Fels.

"Dann kam er an den Tisch, und ein Blick über den Tisch , in coup de foudre wie er im Buch steht, nachher, wie ich wegging machte er mir die Tür auf und sagte: Ich erwarte Sie morgen um 10 in meiner Probe. Und ich ging dann in der Nacht noch zu meiner Freundin und sagte wirklich: Ich liebe diesen Mann."

Doch auch diese Ehe endet im Streit, wenn auch Hilde die Trennung nicht akzeptiert und die Scheidung ablehnt. 1931 übersiedelt der 67-jährige d'Albert, mittlerweile Schweizer Staatsbürger, in der Hoffnung, die Scheidung doch durchsetzen zu können, ins lettische Riga. Hier erliegt er im Jahr darauf einem Herzinfarkt.

Mit seinem Namen verbunden bleibt "Tiefland", eines der erfolgreichsten deutschen Musiktheaterwerke aller Zeiten. Jahrzehnte auf den Spielplänen der deutschen Theater präsent, in viele Sprachen übersetzt, weltweit aufgeführt und in der Endphase des Dritten Reiches von Leni Riefenstahl mit monumentalem Pathos auf die Leinwand gebracht.